Tagebuchaufzeichnungen

von Henriette Schneider (1872-1947)

 

Auszüge aus dem 1. Band (1913-1917)

 

Vorbemerkung:

1913 ist Henriette Schneider Wirtschafterin auf dem Gut Berghof, das dem Carl von Streng. gehört. Henriettes Eintragungen beginnen am 1. Juli und sind im folgenden verkürzt wiedergegeben. Erklärender Text ist in Klammern hinzugefügt.

 

Dienstag, 1. 7. 1913

Kalt und Regen war die Losung des 1. Juli, möchte es nicht dabei bleiben! Der schöne Klee, wie sieht er aus, und doch müssen wir über den Regen froh sein, der schon sehr nötig war.

 

Mittwoch, 2. 7. 1913

... Borkos fuhren nach Ranten. (Borkos steht für Prof. Heinrich Borkowski und seine Frau Charlotte). Homo schrieb, er ist zur Vertretung nach Lötzen gekommen und selig darüber (Homo steht für Arthur Homm, Jurist, Schwager von Carl von Streng). ...

 

Donnerstag, 3. 7. 1913

An Lotte B. (Beerbohm) schrieb ich zum Geburtstag. Sie ließ sich aus Gastein hören, hat schon Venedig hinter sich. Ob ich es auch mal sehen werde? ... Wind und Sonnenschein, es wird Klee gefahren. Zum Abendbrot erschienen alle Kemke-Kinder im Auto (aus Widminnen). Else (Kemke) will bald kommen, sie ist etwas erholt ...

 

Freitag, 4. 7. 1913

Herr von Streng früh ½ 5 Uhr nach Johannisburg. ... Mit den Soldaten gab es Ärger. Meinem energischen Zuspruch war es zu verdanken, daß die Rädelsführer wieder zur Arbeit kamen. Anna (Henriettes Schwester, Pammern) schrieb und schickte ein gutes Zeugnis von Lotte.

 

Sonnabend, 5. 7. 1913

Grete (Beusch) schrieb, sie will viel von Berghof wissen ... Bin gespannt, was nun erfolgen wird. Vielleicht bedeutet es für mich Trennung ...

 

Montag, 6. 7. 1913

Acht Soldaten kamen in der Nacht an. R. (Role, Spitzname für Carl von Streng, abgeleitet von Carolus) fuhr früh nach Sensburg, und ich war noch früher auf den Beinen ... Tagsüber wurde Klee eingefahren ... Borkos fahren nicht nach Hause (Königsberg), sondern nach Sybba. ...

 

Dienstag, 8. 7. 1913

Ein Brief von Willy (Beerbohm) erfreute mich sehr. Er kommt nicht her, was ich mir schon dachte. Ich riet ihm aber sehr, Homms (Familie Homm, Lötzen) zu besuchen. ...
Frau Sandmann kam mit den Kindern an, nette Kinder.

 

Mittwoch, 9. 7. 1913

R. zur Entenjagd beim Landrat, viel Regen; Heu und Klee verdirbt langsam, dabei hat man die teuren Soldaten und kann mit ihnen nichts anfangen. ... Borko klingelte an, vermißt sein gutes Glas, glaubte es hier ... Man sieht, der zerstreute Professor macht sich überall bemerkbar.

 

Donnerstag, 10. 7. 1913

Anna schrieb, daß Lotte (Annas Tochter) für acht Tage herkommt. ... R. kam erst heute von Lötzen zurück, war auch bei Homms. ...

 

Sonntag, 13. 7. 1913

Ein herrlicher Tag, ... Nach dem Kaffee machten wir in zwei Wagen eine Tour Ranten – Pammern, wo ich ausstieg, Mallinken, zurück Rostken durch den Wald. Leider fand ich die Meinen nicht zu Hause. ... Daß R. durch Rostken (Henriettes Geburtsort) fuhr, freute mich sehr. Ich weiß, er tat es meinetwegen. Spät ging ich mit Frau Sandmann noch ein Stündchen durch den Wald.

 

Montag, 14. 7. 1913

Der letzte Klee konnte eingefahren werden. Am Nachmittag nahm ich die Kinder und ging mit allen in die Himbeeren, die Ernte war ganz ergiebig. ... Herr von Streng in Lötzen zum Kreistag.

 

Mittwoch, 16. 7. 1913

Seit einigen Tagen kann im Heu geschafft werden. Auch die Feriengäste (Kinder) helfen treu mit und harken viel.

 

Donnerstag, 17. 7. 1913

... Polen kamen gestern an, ein mehr als dämlicher Unternehmer ist mit, daraus entsteht nichts Kluges. ...

 

Freitag, 18. 7. 1913

Ulrich Sandmann feiert seinen Geburtstag. ... Aus einer Karte vom Brautpaar Beusch an R. erfuhr ich, daß L. (Lotte Beerbohm) auch mir bald schreiben wird.

 

Sonnabend, 19. 7. 1913

Else (Kemke) kam an ... Mit den Polen gibt es dauernd Ärger. Es ist eine Rasselbande, und doch ist man auf sie angewiesen.

 

Montag, 21. 7. 1913

Regen bis Mittag. Die Polen kamen nicht zur Arbeit. Sie behaupten, im Regen brauchen sie nicht arbeiten. ... Ich freue mich, daß Else da ist, habe ich es doch ein bisschen leichter.

 

Dienstag, 22. 7. 1913

Am Vormittag kam Lotte an. ... Sie übt fleißig Klavier ...

 

Mittwoch, 23. 7. 1913

... Herr von Streng zur Entenjagd beim Landrat. ...

 

Donnerstag, 24. 7. 1913

Wir schleuderten bei günstigem Wetter Honig ... Für die Kinder war es ein Fest. ...

 

Freitag, 25. 7. 1913

... Gott sei Dank, daß  ich Lotte hier habe ... Frau Sandmann ist mit ihrem Klavierspiel sehr zufrieden.

 

Sonnabend, 26. 7. 1913

Drei Kemke-Kinder und Frau von Streng schon zu Mittag hier. ... Am Nachmittag Gewitter. Auf dem Feld wurde Dombrowski beim Pflügen vom Blitz erschlagen, traurig ...

 

Sonntag, 27. 7. 1913

Schönes Wetter. Um 10 Uhr Homms hier; Ernst (Sohn, *1912) sehr munter. Frau Ida (geb. von Streng) plagt noch immer das Bein. ... Homms fuhren abends ab.

 

Montag, 28. 7. 1913

Am 25. schrieb ich Willy (Beerbohm), ob er nicht nach Junkerken als Inspektor hin möchte, bin auf die Antwort gespannt. ... Aus Widminnen sagte Herr Kemke herüber, daß Frau Homms Bein schlimmer geworden ist und sie morgen operiert werden soll. ... Sandmanns fahren morgen.

 

Dienstag, 29. 7. 1913

Mir wurde Sandmanns Abfahrt schwer, die famose Frau habe ich lieb gewonnen. ... Borkos kamen an, ganz vergnügt. ... Herr von Streng fuhr gestern noch nach Lötzen und brachte die Nachricht, daß I. (Ida Homm) heute operiert wird und Frau Kemke (ihre Schwester) vorläufig dort bleibt

 

Mittwoch, 30. 7. 1913

Herr von Streng heute Nachmittag in Lötzen. Idel (seine Schwester) geht es den Umständen nach gut.

 

Sonnabend, 2. 8. 1913

... Borko schoß mittags einen Bock und abends noch einen.

 

Sonntag, 3. 8. 1913

... Am Nachmittag Fuchstreiben ohne Fuchs. R. schoß aber einen Bock. Dann ging er mit Else und Bibutz Enten schießen, und ich zog einsame Kreise und besah mir die gemähten und ungemähten Roggenfelder. Abends schoß Borko noch einen Bock, das lohnt! Die Stimmung war die beste und wurde mit Mosel noch erfrischt!

 

Montag, 4. 8. 1913

... Borkos fuhren am Vormittag ab.  Sandmanns kamen mit dem Fuhrwerk, die Freude war groß. ... Mit Interesse lese ich die Tagebücher und finde viele interessante Stellen, wie ich von Rostken Abschied nahm.

 

Dienstag, 5. 8. 1913

Überall wird Roggen gemäht ... Herr von Streng schoß wieder beim Landrat Enten und blieb auch in Lötzen zur Nacht ... Ich ging mit den Kindern in den Wald Pilze lesen. ... Else ritt ihren netten Fuchs ...

 

Mittwoch, 6. 8. 1913

Sandmanns fuhren ab, ich brachte sie alle zur Bahn. Herr von Streng und Else begleiteten uns noch zu Pferde bis Plowzen ...

 

Donnerstag, 7. 8. 1913

... R. fuhr mit uns nach Lyck. Er hat morgen Entenjagd beim Grafen Lehndorf. ...

 

Freitag, 8. 8. 1913

Wir weckten Karotten ein. ... Draußen wurde mächtig geschafft, mit drei Partien 180 Fuder Roggen gefahren.

 

Sonnabend, 9. 8. 1913

... Herr von Streng kam schon zu Mittag von der Grafenjagd zurück, wo wenig Enten geschossen wurden, sonst war er mit der Aufnahme im alten Schloß zufrieden. ...
Hier in Berghof wurde der Roggen eingefahren. Es sind 400 Fuder geworden.

 

Freitag, 15. 8. 1913

... Besuch von Herrn v. Strengs Jugendfreund Stenzler mit Dr. Lauf und Opitz, mit eigenem Auto von Leipzig! ...

 

Mittwoch, 20. 8. 1913

An Frau Goldenstedt schrieb ich ... Herr v. Streng tagsüber in Lyck ...

 

Freitag, 22. 8. 1913

Ich war mit Herrn v. Streng in Lötzen; um 5 Uhr fuhren wir hin und um 11 Uhr wieder fort. ...

 

Sonnabend, 23. 8. 1913

... Bei Lange in Widminnen ist ein Nähkasten bestellt, man weiß für wen. O Gott, wie lange wird es noch dauern bis man weiß, woran man ist? Sie könnten sich doch öffentlich verloben und heiraten, und man wüßte, woran man ist.

 

Montag, 25. 8. 1913

Herr v. Streng am Vormittag zur Taxe ... Homo telefonierte, daß er in Lötzen Amtsrichter geworden ist ...

 

Dienstag, 26. 8. 1913

...Bei Homms ist die Freude groß ... Idel war gestern schon ein Weilchen auf, was ihr gut bekam ...

 

Mittwoch, 27. 8. 1913

Lotte (Beerbohm) fragte R., ob sie für vier Wochen herkommen könnte. Er wimmelte ab, was würde G. (Grete) dazu sagen? Es ist ganz unmöglich....

 

Donnerstag, 28. 8. 1913

Tilly (Mathilde Kemke) schickte viele Pilze, die ich in den Weck brachte.

 

Sonnabend, 30. 8. 1913

... Um 4 ½ Uhr sahen wir südwestlich von Berghof über Arys den Zeppelin kreisen. Nun haben wir ihn auch gesehen ...

 

Sonntag, 31. 8. 1913

... Am Nachmittag begleiten wir die Herren auf die Jagd. Ich verbrachte ein Stündchen auf dem Wagen, während die Anderen auf dem See waren. Es war schön. Am Abend noch Skat, ich -13 Pfennig, die mir noch geschenkt wurden.

 

 

 

 

Montag, 1. 9. 1913

... Herr v. Streng plant eine Reise nach Rügen! Ich kann es ja verstehen, daß man sich sehen und sprechen will, wünschte mir, es wäre bald Schluß mit allem. ... Abends v. Lojewski hier, Kuh untersuchen.

 

Dienstag, 2. 9. 1913

Heute schickte Herr Gerry v. Streng die Geburtsanzeige eines Sohnes. Im Mai haben die Leute geheiratet, modern! ... R. plant eine Reise nach dem 15. Sollte schon jetzt die Sache zum Klappen kommen?

 

Mittwoch, 3. 9. 1913

... R. in Neuhoff zur Sitzung. ...

 

Sonntag, 7. 9. 1913

Ein schöner Tag ... Else hatte schön gekocht, man aß, saß dann ein Weilchen gemütlich beim Kaffee, und dann ging es in den Wald zum Fuchstreiben, ... Zwei Füchse brachten die Jäger heim ... Abends Skat mit Herrn v. Streng, ich schlechte Karten.

 

Montag, 8. 9. 1913

Herr v. Streng früh nach Lötzen, er kommt erst morgen abends heim. ...

 

Sonnabend, 13. 9. 1913

Vormittag erschien Eiselen ...

 

Sonntag, 14. 9. 1913 (Carl v. Strengs 41. Geburtstag)

... Um 2 ½ Uhr rückten die Lötzener an, leider nicht Rievers. Nach dem Kaffee füllte sich das Haus. Das Gaslicht machte sich gut, im Saal leuchteten die Kerzen. Sehr gemütlich und nett verlief der Abend, und dem Essen wurde großer Beifall zuteil. Ob es wirklich das letzte Mal ist, daß ich das Fest leitete?

 

Montag, 15. 9. 1913 (Henriette Schneiders 41. Geburtstag)

Mein Geburtstag fing wieder mit großem Gratulieren an. ... Viele Briefe und Karten erhielt ich. ... Anna (Henriettes Schwester) war mit Karl (Sohn) gekommen ...

 

Dienstag, 16. 9. 1913

Herr v. Streng begab sich gegen Abend auf Reisen, sein Ziel ist Rügen. Viele glauben es nicht, ich weiß es nicht genau, weiß seit gestern manches nicht. ... Eiselen fuhr ab.

 

Mittwoch, 17. 9. 1913

Montag kamen 12 Polen zum Graben. ... Die Kartoffeln sind sehr im Kraut und klein. ...

 

Sonnabend, 20. 9. 1913

... Herr v. Streng schrieb an Else von Saßnitz aus. Jeder fragt sich, ob er allein gefahren ist. ... Else musste heute Knall und Fall nach Hause. Es tritt dort ein Freier für sie auf. Bin gespannt, was werden wird.

 

Sonntag, 21. 9. 1913

Ich erhielt den ersten Gruß aus Saßnitz. ...

 

 

 

Montag, 22. 9. 1913

Kemkes kamen fünf Mann hoch an. Auch Klempnaner mit, der mir gut gefällt. Es wäre wohl eine gute Partie für Else, sie scheint ihm zu gefallen. Der alte Herr (Kemke) hatte wieder mancherlei auszusetzen, er wird immer schlimmer. Bei großem Regen fuhren sie um ½ 8 Uhr ab.

 

Dienstag, 23. 9. 1913

... Else geht herum wie im Traum, die Sache geht ihr nah, vielleicht ist sie schon verlobt?

 

Mittwoch, 24. 9. 1913

Else bekam heute ihren ersten Brief von ihrem Bräutigam. Sie hat sich am 22. hier im Saal verlobt. Ich freue mich herzlich, ihre Zukunft ist gesichert. K. ist als einziges Kind wohlhabend. Else glaubt ihn zu lieben, doch ist sie ja noch so jung! (20 Jahre). Ich hoffe aber, die Liebe wird wachsen und groß werden und bestehen.

 

Donnerstag, 25. 9. 1913

Gestern schrieb ich den letzten Brief nach Saßnitz. Sonnabend ist R. schon hier. Wir haben jetzt tüchtig mit Einmachen von Pflaumen, Gurken, Äpfeln zu tun. ... Else erhielt heute keinen Brief und ist traurig. Wie fühle ich mit ihr, trotzdem die Jugend schon lange dahin ist.

 

Freitag, 26. 9. 1913

Gestern Abend ein Telegramm, daß Herr v. Streng erst Montag kommt. So wird er dann nach M. (Merseburg) gefahren sein, und die Anzeigen kommen nächstens an. Gestern waren wir beide sehr traurig, er hatte wieder nicht geschrieben. Else tat mir sehr leid. Wir gingen weit spazieren, und ich redete ihr gut zu. ...

Else heute sehr glücklich, drei Briefe kamen an. Gott erhalte Dir, mein Kind, Dein großes, großes Glück! Dir geht es ja viel besser als anderen, du kannst den Mann heiraten, den du liebst, und wenn das nicht geht, ist es ein großer Jammer.

 

Montag, 29. 9. 1913

R. kam erst am Nachmittag zurück, wohl und frisch, wie könnte es auch anders sein. ..
Herr Bernhard Ehlers kam einen Bock schießen und blieb zur Nacht.

 

Dienstag, 30. 9. 1913

Bei köstlichem Wetter fuhren wir mit Else um 9 Uhr zu Gerlachs nach Lyck. Else zu Mittag bei Gerlachs, ich bei Schefflers. Kaffee trank ich bei Frau Neumann, bei der ich einige Stunden weilte. Auch bei Emma sprach ich an, die mich noch zur Stadt begleitete. Der Abend bei Schefflers mit einiger Jugend, zur Feier von Werners Geburtstag geladen. Um 11 Uhr waren wir zu Hause.

 

Mittwoch, 1. 10. 1913

Familie v. Streng, Lötzen, schickte mir noch einen Dank für die freundliche Aufnahme. ...

Abends Herr v. Streng mit Else auf Anstand, kein Hase. Dann kamen Borkos, unverändert in jeder Beziehung. Dann gab es wunderbare Krebse, dazu Mosel.

 

Donnerstag, 2. 10. 1913

Wunderbar schönes Wetter. Die Herren fuhren auf den Druglin. Else und ich gingen ihnen am Abend entgegen, es wurde spät. ... Abends gab es großes Krebsessen.

 

Freitag, 3. 10. 1913

... R. schoß den ersten Hasen.

 

Sonnabend, 4. 10. 1913

Frau Borkos Geburtstag, den wir still verlebten. Else fuhr nach Hause. Er kommt hin, und die Verlobung wird nun hoffentlich steigen. Martin (Kemke *1897) kam her, darf nur 8 Tage bleiben, da das Zeugnis schlecht ist. Anna schrieb aus Königsberg, sie traf Prof. Ask. (Askenazy, Arzt) nicht zu Hause an, sie ist sehr verärgert, aber selbst Schuld daran, weil sie sich nicht vorher erkundigt hat.

 

Sonntag, 5. 10. 1913

Von Beerbohm der Geburtstagsbrief ... Auch ohne Else ging alles glatt und schön. Marie hatte alles köstlich gekocht, ich brauchte nur abzuschmecken.

 

Montag, 6. 10. 1913

Sonst wurden heut hier große Feste gefeiert, Herr v. Streng Sen. Geburtstag (1838 – 1894). Borko trug ihm einen netten Strauß hin (auf das Familiengrab). R. krank, er hat zu viel gegessen, schade. Abends kamen Else und Rieke (Erika Kemke *1895), letztere nur für einen Tag. Sie erzählten von der ganzen Verlobungsgeschichte, die sehr amüsant war.

 

Dienstag, 7. 10. 1913

... Abends herrliche Krebse, von Borkos gespendet.

 

Mittwoch, 8. 10. 1913

... Rieke hatte Nachurlaub und fuhr heute.

 

Donnerstag, 9. 10. 1913

Borkos kupferner Hochzeitstag, den wir mittags mit Eis und abends mit Mosel und Krebsen feierten. Herr v. Streng überreichte ein kupferne Kanne. Alle waren gerührt, besonders Lotte, die an den Tag gar nicht gedacht hatte.

 

Freitag, 10. 10. 1913

... Herr v. Streng nach Lötzen, er besuchte auch Homms, wo alles wohl und munter ist.

 

Sonntag, 12. 10. 1913

Eigentlich sollte Homo heute hier sein, doch sagte uns eine Karte, daß Eiselen dort (Lötzen)  war. Am  Nachmittag Fuchsdrücken ohne Erfolg. Martin schoß gestern seinen ersten Taucher.

 

Montag, 13. 10. 1913

... Herr v. Streng heute zum Kr. (Kreistag). ...

 

Dienstag, 14. 10. 1913

Annas Hochzeitstag ... Herr v. Streng fuhr über Klein Gablick zum Begräbnis von Herrn Nagel. ... Frau Borko half ich beim Packen, sie rollten um 2 Uhr ab. ... Else brachte die Lenzen zur Bahn, die nun glücklich die ganzen Ferien hier waren.

 

Freitag, 17. 10. 1913

Von Frl. Lotty ein langer Brief. ... Am Nachmittag fuhr ich gen Jucha und hatte dort eine Stunde Aufenthalt. Herr v. Streng und Tilly (Kemke) kamen an und leisteten mir noch ein Weilchen Gesellschaft. Bis Lötzen fuhr ich allein, Lotte (Annas Tochter) war auf der Bahn, frisch und munter. Ich begab mich zu Frl. Süß, wo mir 5 Plomben schmerzlos gemacht wurden. Bei Homms fand ich alles im Lot.

 

Sonnabend, 18. 10. 1913

Hell und klar brach der große Tag an, der zur hundertjährigen Wiederkehr der Schlacht bei Leipzig gefeiert wird. Am Festgottesdienst nahm ich teil ... und sah mir dann noch das militärische Schauspiel auf dem Markt. ... Zum Kaffee ging ich mit Lotte zu Rievers und holte dann Homms zum Abend ab, während sich Lotte nach Hause begab. ...

 

Sonntag, 19. 10. 1913

Morgens ging ich noch ein Weilchen zu Frau Rievers, dann nahm ich Abschied von Homms. Lotte brachte mich zur Bahn. Ich traf Wisbar, mit dem ich bis D. (?) fuhr. Lotte empfing mich, und bei schönstem Wetter machten wir noch einen Spaziergang durch D.

 

Dienstag, 28. 10. 1913

Rückkehr nach Berghof.

 

Mittwoch, 29. 10. 1913

Anna schrieb von Ask. (Askenzy, Arzt in Königsberg) aus, sie muß viel leiden und ist tief unglücklich. Arme Seele, nur Gott kann ihr helfen. ... Tilly fuhr ab, R. und Else brachten sie hin und fuhren dann zu Heus (Heumanns, Klein Gablick).

 

Donnerstag, 30. 10. 1913

R. ist so nervös, wenn auch nicht ganz so schlimm wie vor einem Jahr. ... Ich schrieb an Frl. Lotty und bat sie, Anna aufzusuchen, ebenso Fr. Borko. Herr Hudel war hier, R. brachte ihn mit Else zur Bahn.

 

Freitag, 31. 10. 1913

...R. fuhr schon früh nach Lötzen. Gegen Abend machten wir mit ihm noch einen weiten Spaziergang durch den Wald.

 

Sonnabend, 1. 11. 1913

Schon früh gab ich meine Anweisungen für mein letztes Erntefest in Berghof, alles ging nach Wunsch und voll befriedigt konnte ich am Abend auf mein Werk blicken! Du Maire sagte es mir wenigstens, daß ich mich sehr gut zum Leiten so einer Sache eigne. Er muß es ja wissen mit seinen 22 Jahren. ... Von Anna die Nachricht, daß sie ein Blasenleiden hat, weiteres bleibt abzuwarten. ... Mir ist zu Mut, als bereite sich in Bälde hier etwas vor, vielleicht eine Reise. Der 6. ist ja vor der Türe, und es sollte mich wundern, wenn er nicht hinfährt. Die Maler sind fort, die Salons sind fertig. Das neue Billardzimmer ist sehr elegant.

 

Sonntag, 2. 11. 1913

... Mittags sagte mir Herr v. Streng: Am Nachmittag fahre ich fort, packen Sie mir die Sachen. Auf meine Frage wohin, nach Merseburg. Ach, wie lange habe ich auf dieses Wort gewartet. Nun habe ich es vernommen, und es ist gut. Ich bin gespannt, wie lange es nun noch mit den Anzeigen dauert. Am 10. abends kommt er heim. Nun wird wohl alles mit der Hochzeit besprochen werden. Arme, arme Beerbohms. Ich fürchte noch immer etwas von Willys Seite. Arme, arme Lotte, wie viel Schweres schickte Gott ihr, soll das alles ungerächt bleiben? Ich glaube es nimmer. ... Else brachte Onkel zur Bahn, er fährt nach Königsberg. ...

 

Montag, 3. 11. 1913

Von Anna die Nachricht, daß sie Sonntag heim fuhr. Sie will nicht mehr nach Königsberg, sondern die Zeit abwarten, wenn es sich mit ihrem Blasenleiden nicht verschlimmert. Froh wird Anna sein, wenn sie hört, daß ich sie pflegen kann und bei ihr bleiben werde, bis sie ganz gesund ist. ... Das Wetter ist schön, wir genießen es mit Else bei schönen Spaziergängen.

 

Dienstag, 4. 11. 1913

Die Zimmer werden gereinigt, es ist schon spät geworden, das Wetter aber dafür mild und schön. Zum letzten Mal geschieht dies alles unter meiner Leitung. So hat alles ein Ende im Leben, wenn das Fortgehen nur nicht so schwer wäre.

 

Mittwoch, 5. 11. 1913

... Mit Else ging ich ein weites Ende spazieren. Gut, daß wir zusammen sind. Man kann dem anderen dann sagen, was einen bewegt, und das Herz ist nicht so schwer.

 

Donnerstag, 6. 11. 1913

An Gretel (Grete Beusch) hatte ich zu heute geschrieben und an R. einen Brief eingelegt. Auch von ihnen kam Nachricht, daß es ihnen gut geht. Das glaube ich. Ob es immer so sein wird? Der alte Mann, 10 Jahre älter als andere in den Jahren und das junge Weib! Doch jeder schmiedet sich ja selbst sein Glück. Von Idel (Ida Homm) ein lieber Brief. Auch sie sind traurig und verzagt und erwarten die Anzeigen. Ebenso schrieb Anna über ihr Leid. Mein Gott, es kommt viel mit einmal! Sonntag fahre ich heim. ... Else heute zu Hause, wo sie ihrer Liebe wegen auch viel zu hören bekam.

 

Freitag, 7. 11. 1913

Am Vormittag kam Frau Kemke, mit Else soll alles aus werden, wünschen die Eltern. Bin gespannt, was da werden wird. Else ist äußerlich ruhig und sogar fröhlich, wenn wir mit
Du Maire abends zusammen sind. Sie ist ja noch so jung, und dann hat sie ja auch nicht durch ihn die Enttäuschung erlebt. ...

 

Sonnabend, 8. 11. 1913

Ich hatte heute ganz bestimmt die Anzeigen erwartet, sie kamen nicht. Das verstehe ich nicht! ... Ich wirke in der Wäsche, flicke und stopfe mit Macht, damit alles in Ordnung ist, wenn die junge Frau einzieht.

 

Sonntag, 9. 11. 1913

Am Nachmittag begab ich mich nach Pammern, wo ich Anna in Sorgen fand. Wir besprachen, daß ich an Clara schreibe. Hoffentlich ist sie noch da und kann kommen. Anna fährt dann nach Königsberg und Gott wird ihr helfen. Jetzt sieht es traurig mit ihr aus, in zwei Wochen hat sie 7 Pfund abgenommen. Es ist ein Elend. Sonst ist alles schön zu Hause, auch Lotte dort. Um ½ 8 war ich hier. Gebe Gott, ich sehe Anna sorgloser wieder.

 

Montag, 10. 11. 1913

R. schrieb, er kommt heute nach Widminnen. Ich schrieb an Clara. Hoffentlich kann sie zu Annas Vertretung hin, ich wäre froh. ... Mit Else nach dem Kaffee schöner Spaziergang, zum Schluß Mondschein.

 

Dienstag, 11. 11. 1913

Martini, von hier zog nur Brandt nach Westfalen ab, Kolpack blieb. Mine zog von hier, und Marie folgt erst später, da wir noch kein zweites Stubenmädchen haben. ...

 

Donnerstag, 13. 11. 1913

R. früh zur Taxe ...

 

Freitag, 14. 11. 1913

Anna schrieb mir, daß Clara zu ihr kommen wird. Nun fragt es sich, ob sie schon nach Königsberg fahren kann ... R. schreibt und zeichnet viel. Ich bin gespannt, was da herauskommen wird.

 

Sonnabend, 15. 11. 1913

... Von Homms die erfreuliche Nachricht, daß heute Mittag eine kräftige Dorothea glücklich eingetroffen ist. Die Freude ist groß, besonders bei Idel, und ich freue mich mit ihr. ...
Drei neue Mädchen sind eingetroffen, möchte ich mich nicht zu lange mit ihnen plagen.

 

Sonntag, 16. 11. 1913

... Am Nachmittag ging alles „Fuchs drücken“, und ich erledigte meine Briefe, indem ich  an Anna, Homms, Gretel Beusch und Frau Sandmann schrieb. Anna fährt Ende dieser Woche nach Königsberg. ... Du Maire schoß einen alten Fuchs und ist glücklich.

 

Freitag, 21. 11. 1913

Herr v. Streng zur Jagd beim Oberförster. ... Anna fährt heute zu Prof. Rosinski (Königsberg). Ich fürchte, er schickt sie heim. ... Die ersten Pfefferkuchen für die Kinder wurden gebacken. .

 

Sonnabend, 22. 11. 1919

Reiche Post, Anna bleibt bei Rosinski und wird Montag operiert. Schade, daß Herr v. Streng in Lyck ist. Ich möchte gern nach Königsberg hin und könnte alles in die Wege leiten. Frau Goldenstedt schrieb ich, daß ich eventuell kommen werde. ... Frl. Lottchen bat ich, nach Anna zu sehen, falls ich nicht fahren sollte.

 

Sonntag, 23. 11. 1913

Um 9 Uhr fuhr ich mit Bouvains nach Lötzen, ging zu Homms, fand Idel sehr munter und weil Frau Kemke auch da war, ging ich zu Rievers zu Mittag. Dann machte ich mit Lotte einen schönen Spaziergang. Das Kind ist so tapfer, wenn wir davon sprachen, was der Mutter bevorsteht. Bei Homms trank ich Kaffee, fuhr ab und wurde in Königsberg von Rieke und Jessat empfangen. Ich fuhr mit ihnen gleich zur Klinik, wo ich Anna sprach, die sich sehr über mein Kommen freute. Auch ich bin froh, daß ich hier bin.  Frau Salecker fand ich nicht zu Hause , und bei Goldenstedts schon alle auf mein Kommen vorbereitet.

 

Montag, 24. 11. 1913

Der Gang zur Klinik um 9 Uhr vormittags war mir der schwerste, den ich in meinem bisherigen Leben gegangen bin. Gebe Gott, es wäre der letzte in der Art. Ich wusste, daß die Operation um ½ 9 Uhr sein sollte, fand aber Anna noch im Operationszimmer. Frl. Lotty erschien, leistete mir Gesellschaft, und so war das qualvolle Warten nicht so schlimm, und ich kam auf andere Gedanken. Ich werde es ihr nie vergessen. Der Professor ließ mich rufen und sagte mir, es wäre höchste Zeit mit der Operation gewesen. Anna hätte nicht mehr lange gelebt, und sie würde jetzt wieder ganz gesund werden. Wir gingen, wie von einem Alptraum befreit, aus der Klinik fort.

Zu Mittag und Kaffee war ich bei Beerbohms, wo ich auch Karten an Kolbes, Frau Heumann, Frau Kemke, Lotte, Frau Mahnke, Herrn v. Streng, Frl. Mariak und einen Brief an Willy schrieb. Zum Abend ging ich zu Borkos. . Frl. Lotty begleitete mich noch, und wir sprachen viel. Wie froh kann W. (Willy Beerbohm) sein, ich wusste ja vieles nicht, und R. wird mir immer unverständlicher. Bei Borkos große Freude. Ich musste viel erzählen. Mit ihren Ansichten kann ich mich aber nicht befreunden, Widersprüche liebe ich nicht.

 

 

 

 

Dienstag, 25. 11. 1913

Frau Heu. schrieb mir, daß sie mich heute Nachmittag erwartet. Gestern durfte ich Anna gegen Abend noch einen Moment sehen und sprechen. Sie sah ganz wohl aus, hatte aber große Schmerzen im Leib. Heute Vormittag durfte ich sie nicht sprechen. Bei Heus zu Kaffee, alle meine Sorgen hat mir Frau Heu. Genommen, lohne es ihr Gott.

Für Herrn Borko kaufte ich zu morgen ein Alpenveilchen ... Die Stadt ist ja so groß, es gibt so viele Blumenläden! Anna geht es nicht gut, die Blase funktioniert nicht. Ich fahre erst Sonnabend.

 

Mittwoch, 26. 11. 1913

Nachdem ich gestern bei Beerbohm zu Mittag gewesen, war ich heute bei Frau Salecker und besuchte auch Frl. Both einen Moment. ... Bei Borkos verlebten wir einen stillen Geburtstagsabend. Von Else war ein Brief da mit guten Nachrichten. Anna sah ich morgens und abends, sie hat noch immer große Schmerzen. An Willy (Annas Ehemann) schreibe ich täglich.

 

Donnerstag, 27. 11. 1913

Morgens fand ich Anna besser, der Professor hatte ihr mit den Schmerzen Erleichterung geschafft. Ich glaube, ich werde Sonnabend fahren können. Gott stehe uns bei  in all diesem Leid. Zu Hause sind ihre Gedanken auch viel, wo Wilhelm mit den Kindern ist, das Mädchen ist neu, Clara schrieb mir ab. ... Herrn Prange war ich gratulieren und fand die ganze Verwandtschaft dort vor.  ... Bei Frau Salecker aß ich Mittag und fuhr dann zu Kaffee zu Strengs, die mich in alter Weise begrüßten. Alle fragen mich, wann die Verlobung in Berghof sein wird. Alle wissen mehr als ich. Anna fand ich abends ganz munter und war lange bei ihr.

 Ich schrieb dort auch an Willy und Else. Zum Abend war ich bei Gold(enstedts) endlich einmal.

 

Freitag, 28. 11. 1913

Anna war nicht in guter Stimmung, die Schmerzen in der Wunde sind groß. Wer weiß, wie lange sie wird liegen müssen, und der Gedanke, zu Weihnachten nicht zu Hause sein zu können, betrübt sie sehr. Von R. eine Karte. Zu Mittag war ich bei Borkos. Dann ging ich den schweren Gang zu Frau H., „Geben ist seliger denn nehmen“, 500 M erhielt ich wieder und frage mich immer von Neuem, warum schickt mir Gott diese Hilfe? ... Kaffee trank ich mit Rieke und P. Jessat bei Schwermer. Dann holten wir Frl. Lotty zum Spazierengehen ab. Mit ihr machte ich später einen Besuch bei Frl. Wedthoff. Die Dame ist 91 ½ Jahre alt, ist sehr wenig altersschwach und zeigt ein sehr reges Interesse für alles. ... Zu Abendbrot war ich bei Beerbohms, wo es sehr nett war.

 

Sonnabend, 29. 11. 1913

Früh begab ich mich zu Anna, sie hatte nicht geschlafen, hatte Schmerzen und war in trübster Stimmung, weinte auch viel. ... Ich sagte ihr Lebewohl. Frl. Lottchen war zur Bahn gekommen, ich freute mich sehr. ... In Lötzen sah ich Herrn Rievers, bei Homms alles wohl. ... Hier fand ich alles in Ordnung. R. schon wieder auf dem Sprung nach Merseburg, wohin er am 1. abreist. Auch Weihnachten ist er nicht zu Hause, Heilig Abend soll ich allein hier begehen und dann nach Hause fahren, sehr fein. Die Jagd ist erst Silvester, ich sehe den Sturm der Entrüstung schon. ... Else holte mich ab, das Wetter ist herrlich.

 

 

 

Sonntag, 30. 11. 1913

R. ist rein wie ausgewechselt, so redselig. Ich habe immer das Gefühl, er hat kein gutes Gewissen, Beerbohms gegenüber hat er es ja auch nicht. Ich muß so viel an Anna denken.

 

Montag, 1. 12. 1913

Heute keine Nachricht aus Königsberg, das ist ein gutes Zeichen. ... R. reist schon.

 

Dienstag, 2. 12. 1913

...Von Frau Beerbohm erhielt ich sehr gute Nachrichten über Annas Befinden, und das 8 Tage nach der schweren Operation. ... Als ich mich auf dem Weg nach Pammern befand, setzte ein schweres Schneegestöber ein. In Pammern fand ich alles wohl und munter, die Kinder über Annas Fortbleiben schon getröstet. Kinder sind bald zufrieden gestellt, wenn sie satt sind und ausgeschlafen, brauchen sie nicht viel mehr. Da das Mädchen, das Martini hinkam sehr gut ist, ist auch Willy ganz vergnügt. Ich war froh, alles in Ordnung gefunden zu haben. Um 7 war ich wieder hier (Berghof).

 

Mittwoch, 3. 12. 1913

Heute werden bei Anna die Fäden gezogen. ...

 

Donnerstag, 4. 12. 1913

... Von Frl. Lotty kam eine Karte, sie berichtet günstig über Annas Befinden. Gebe Gott, es bliebe so und komme nichts Schlimmes dazu.

 

Freitag, 5. 12. 1913

Karten von Frau Goldenstedt und Frau Borko über Annas Befinden, es geht ihr gut, heute soll sie schon etwas aufstehen.

 

Sonnabend, 6. 12. 1913

Von Idel ein langer Brief, die wissen nichts, wie ich das finde! Ja, sie hat Recht, das Drama beginnt, wie wird es enden? ... R. telegrafierte, daß er erst morgen Abend kommt.

 

Sonntag, 7. 12. 1913

Wieder ein Telegramm, Eintreffen erst morgen, gut so. ... In der Nacht hat es geschneit, leider zu warm, als daß man Schlitten fahren könnte. ...

 

Montag, 8. 12. 1913

Von Anna leider die Nachricht, daß sie Venenentzündung hat. Mein Gott, wie lange wird sie nun liegen müssen. ... R. kam vergnügt an, brachte mir Grüße und erzählte viel. Wenn er es auch noch nicht ausgesprochen hat, daß er sich verlobt hat, so sprachen wir doch schon mancherlei, z. B. daß die Möbel schon bestellt sind ... Von Fr. Homm schlechte Nachrichten über ihr Bein.

 

Dienstag, 9. 12. 1913

Ich um 8 ½ Uhr per Schlitten nach Widminnen. Leider hatten wir Schneesturm, im Pelz gehüllt merkte man wenig davon. Bei Kemkes nur die Damen zu Hause, es war sehr, sehr nett dort. ... um 6 Uhr erst zu Hause.

 

Mittwoch, 10. 12. 1913

Mutters Geburtstag; wie nett war es früher oft an diesem Tage! Zufällig kam ich nach Pammern, da Herr v. Streng in Mallinken zu tun hatte und mich mitnahm. Ich freute mich sehr. Wieder fand ich alles in Ordnung ...

 

Donnerstag, 11. 12. 1913

Um 9 Uhr nach Lyck, dann schnell mit Else Besorgungen, zum letzten Mal! Von Frl. Beerbohm eine kurze Karte, Anna geht es schlecht, Gott helfe uns. ... Herr v. Streng in Lötzen, war bei Homms. Idel traurig, ich soll hin, ihr die Besorgungen machen.

 

Freitag, 12. 12. 1913

Elses (Kemke) Geburtstag. Tilly (Elses Schwester) und die jungen  Ehlers-Damen mit Frau Stetter hier, sehr nett. ... Ich schrieb an Willy Beerbohm, Anna und Gretel B. (Beusch), von der ich gestern einen Brief hatte. Sie will R. ein Kissen zum Stuhl schenken und verlangte die Maße.

 

Sonnabend, 13. 12. 1913

Von Anna eine sehr traurige Karte, es geht ihr sehr schlecht, Gott helfe uns! ... Ich weiß nicht wo mir der Kopf steht. Zu Idel will ich am Montag hin. Anna hat nun auch im rechten Bein Entzündung, außerdem immer Erbrechen, es ist trostlos.

 

Montag, 15. 12. 1913

Früh um ½ 6 Uhr bei furchtbarem Schneegestöber zur Bahn nach Jucha und dann weiter nach Lötzen. Von Frl. Lotty ein Brief, der mich etwas beruhigte. Die Schmerzen haben etwas nachgelassen.. Herr Beusch ist auch bei Anna gewesen. ... Bei Homms fand ich alles munter und auch Idel ganz frisch. Es geht ihr ja auch gut, bis auf die Wunde, die nicht heilen will. Ich machte alle Besorgungen für Frau Homm, Lotte und Herr Homm begleiteten mich am Nachmittag. Auch bei Rievers war ich ein Weilchen, sie nach dem Abendbrot bei uns. Er brachte mich zur Bahn. ... Lotte scheint sich bei Bromms(?) nicht mehr wohl zu fühlen, ich habe das befürchtet, wenn sie älter wird (*1903). Sie weinte viel, armes, kleines Ding. Ich tröstete sie, so gut es ging.

 

Dienstag, 16. 12. 1913

Wir schlachteten, dann machte ich am Abend noch Pralines. Auch die beiden Zimmer wurden noch provisorisch für die Jagd eingerichtet. Oh Gott, ich kann gar nicht sagen, wie mir zu Mute ist bei dem Gedanken an die Zukunft, es ist alles ein böser Traum.

 

Mittwoch, 17. 12. 1913

R. für heute und morgen nach Lötzen. Mir ist am wohlsten, wenn ich mit meinen Sorgen und meiner Arbeit allein bin. Anna schrieb, es geht ihr etwas besser, nur ist das rechte Bein so sehr geschwollen, Nun sie sich damit abgefunden hat, Weihnachten dort zu bleiben, wird es auch mit ihren Nerven besser gehen.

 

Donnerstag, 18. 12. 1913

Ein munterer Tag, 18 Würste wurden fertig, v. Lojewski war da. Alles Fleisch zur Kochwurst wurde fertig. Von Grete Beusch ein Brief, sie will Wurst kaufen!

 

Freitag, 19. 12. 1913

Herr v. Streng war in der Nacht nach Hause gekommen. Von Homms brachte er trübe Nachrichten. Sie liege an Venenreizung, Tilly ist dort bis Montag; Herr v. Streng engagierte heute in Lyck eine Pflegerin. Wie unglücklich wird Idel wieder sein, die Ärmste. ... An Wilhelm (Annas Ehemann, Pammern) schrieb ich ein paar Zeilen und schicke morgen Wurst hin. ... Großes Wurstfest, alles gut geraten, wenig geplatzt.

 

 

Sonnabend, 20. 12. 1913

Von Anna eine Karte, hoffnungsvoller, nur die Blase macht ihr Sorgen. ... R. zur Jagd in Pammern, das Wetter ist schön.  Ich formte von 4 Pfund Mandeln Marzipan und hatte mit
7 Formen 126 Stück. ... Enten wurden geschlachtet.

 

Sonntag, 21. 12. 1913

Von Frl. Lottchen ein sehr ausführlicher Brief. Mit Annas Beinen geht es besser. ... Am Vormittag wurde Marzipan in der Schmiede gebacken ... Der Nachmittag verging mit Packen zur Reise nach Merseburg. Es war eine fürchterliche Brautfahrt, die Herr v. Streng abends antrat, ein Wetter! Ob dieses ein schlechtes Omen für die Zukunft ist? ... Ein Glück, auf den Trümmern eines anderen aufgebaut, kann nie zu einem guten Ende führen. ...

 

Montag, 22. 12. 1913

Heute Schnee und Regen. Ich vollendete meine Briefe und schrieb an Frau Homm und  Frau Borko und schickte an alle die üblichen Päckchen, zum letzten Mal. Wer hätte das vor zwei Jahren gedacht? Else und Du Maire putzen den Baum ...

 

Dienstag, 23. 12. 1913

Die letzte Bäckerei geriet gut und abends konnte ich in aller Ruhe für Else und Du Maire den Weihnachtstisch schmücken. Du Maire ist ein verständiger Mensch und so dankbar für alles. ... Anna schrieb, daß ihr der Magen noch versagt, das ist schlimm genug.

 

Mittwoch, 24. 12. 1913, Heiligabend

... Else und Du Maire fuhren schon am Vormittag ab, und ich machte mich mit Mariechen ans Aufbauen der Tische. Um 4 Uhr war die Bescherung für alle, wohl gelungen und mich ganz befriedigend. Gedichte ließ ich mir nicht aufsagen, die Kinder sangen nur. In einer Stunde war alles vorüber, und ich fuhr heim (nach Pammern), von den Kindern schon mit Schmerzen erwartet und mit Jubel begrüßt. Das Wetter war miserabel, leichter weicher Schneewind. ... Nachdem ich mit Lotte alles aufgebaut, wurde der Baum angesteckt, gesungen und Gedichte aufgesagt. Alle machten ihre Sache sehr gut, nur Lotte versagte ganz vor Weinen und Bangen nach der Mutter. Lotte ist mit ihren 11 Jahren ein so verständiges Kind mit reichem Empfinden. Endlich gelang es mir, auch sie zu beruhigen. ...

Spät kam man zum Essen, und dann eilte ich heim (nach Berghof), wo ich um 11 Uhr eintraf. Von Streng hatte ich außer 30 M einen silbernen Serviettenring und den Gothaer Hofkalender bekommen, ich freute mich über alles sehr. Letzter Heiligabend hier!

 

Donnerstag, 25. 12. 1913

Von Willy B. (Beerbohm) eine liebe Karte. Dann noch Grüße von Borkos, das Geschenk bringt er mit. An Anna schrieb ich einen langen Brief ...

 

Freitag, 26. 12. 1913

Die erwarteten Anzeigen kamen nicht, sie kommen überhaupt nicht. Streng schrieb mir, daß er sich mit Frl. B. (Beusch) verlobt hat, Anzeigen aber schicken sie nicht! Man kann das verstehen. Sie will wohl nicht so kurz nach der ersten Verlobung ein Gerede über die zweite machen. ... Am 23. Januar ist bereits die Hochzeit, und ich nehme an, daß sie dann eine Reise machen, da hier doch noch alles in Ordnung zu bringen ist! ... Na, die Gegend wird viel zu reden haben ...

 

 

 

 

Sonnabend, 27. 12. 1913

Sonst immer heute Jagd. Gut, daß sie nicht ist, das Wetter ist miserabel, Regen vom Morgen bis zum Abend. ... Von Lottchen B. ein lieber Brief, Anna geht es besser. Gebe Gott, es bliebe dabei.

 

Sonntag, 28. 12. 1913

Von Beuschs erhielt ich auch eine Einladung zur Hochzeit. Natürlich fahre ich nicht hin, so weit usw. ...

 

Montag, 29. 12. 1913

... Else kam gestern Abend. Trotzdem die Schwestern (Mathilde Kemke, Ida Homm) alles kommen sahen, waren sie von der „Tatsache“ doch ganz kaputt. Besonders Idel, der es mit dem Fuß schlechter geht. ... Herr v. Streng kommt morgen ...

 

Dienstag, 30. 12. 1913

Mein Schicksal ist entschieden, ich bleibe bis zum 1. 4. 1914. Ich werde mich schon behaupten, wäre nur erst alles vorüber. So leicht wird es mir nicht werden, das junge Glück hier zu sehen und still dabei zu sein, wo ich sie mal anders glücklich sah, armer Willy (Beerbohm)! ... Abends kamen Glogan, Borko, Homo, Herr v. Streng an. Aber eine Vergnüglichkeit kam nicht auf. ...

 

Mittwoch, 31. 12. 1913, Jagdtag

½ Stunde später als sonst fing die Jagd an; 15 Schützen waren versammelt ...

Ottchen Ganter war Jagdkönig mit 13 von 84 Hasen. Er bot mir eine Stelle an, doch dankte ich. Erst muß Anna gesund werden, dann gehe ich fort. Alles ging glatt und gut. Um 5 Uhr war alles fort. Strammer Frost, -8°. Abends still beim Punsch, vorher noch viel über die Einrichtung gesprochen mit Borko und Glogan. Nun lebe wohl 1913, warst das schwerste meines Lebens bis jetzt!

 

Donnerstag, 1. 1. 1914, Neujahr

Schönes Frostwetter ... Frl. Lotty schrieb mir, daß es mit Anna in alter Weise geht, immer der Magen, der jetzt das Sorgenkind ist. Karten u. a. von Frau Homm, die Ärmste liegt auch wieder fest, armes Weib. ... Nachmittags Treiben in Karlowen, ein Hase! Abends beschauliches Sitzen bei schönem Gaslicht. Ich werde es nicht mehr lange haben. Wie oft ermahnte ich mich in meinen Blättern: sprich nicht zu laut von Deinem Glück! Und nun ist mir zu Mut als wenn es bald ausklingen wird.

 

Freitag, 2. 1. 1914

Die Herren bei -6° C zur Jagd in Hohenau. ... Es schrieb Onkel Schneegluth und Liesel aus Kattenau.  ... Um ½ 7 Uhr die Herren zu Hause. ... Über drei Wochen seine Hochzeit, wir sprachen darüber. Kärglich laufen die Glückwünsche ein.

 

Sonnabend, 3. 1. 1914

Morgens Regen, die Herren im Schlitten zur Jagd nach Klein Gablick, dann Schnee und Frost. ... Von Anna  gute Nachricht. Gebe Gott, daß das ein gutes Omen für das Neue Jahr sein möchte und wir sie bald zu Hause hätten.

 

Sonntag, 4. 1. 1914

Glogan und Borko fuhren ab, ob ich sie noch einmal hier begrüßen werde, weiß Gott. Dann fuhr ich heim (nach Pammern), wo ich alles in Ordnung fand, bis auf Löcher in Mantel und Kleidern, die ich zunähte. Regen und Schnee, gute Schlittbahn.

 

Montag, 5. 1. 1914

Gestern sprach ich mit Herrn v. Streng noch viel über die neue Einrichtung. Das wird alles sehr fein werden. ...

 

Dienstag, 6. 1. 1914

Herr v. Streng in Lyck und Lötzen, erst in der Nacht zurück. Zu Homms geht er nicht, erklärte er mir gestern. Dabei fragte er mich, ob die Geschwister mit ihm brechen wollen. Ich sagte nein. Ach, es ist alles so furchtbar traurig. Ich kann es ihm doch nicht sagen, warum sie alle so gegen die Heirat sind! Soll er sie doch selbst fragen. ... Von Anna wieder eine gute Nachricht. Nach langer Zeit ging ich wieder durch die Wirtschaft. „Es ist manches faul im Staate Dänemark“. Ich lese „Peter der Große und sein Sohn Alexei“.

 

Mittwoch, 7. 1. 1914

Mit Else ging ich ein Endchen spazieren, lange taten wir es nicht. ...

 

Donnerstag, 8. 1. 1914

Mit Rievers sprachen wir, Frau Homms Fuß wurde durchleuchtet, der Knochen soll gesund sein, gebe es Gott.  H. (Homm) hofft, daß der Fuß nun heilen wird. ... Das erste Ausstattungsstück, ein Ecksofa, traf ein. Herr von Streng freut sich wie ein Kind. Wie lieb muß er das Mädchen haben, daß er sich über alles hinwegsetzt. Von den Geschwistern meldet sich niemand, es ist wohl alles aus. Armes Idel, wie tust du mir leid!

 

Freitag, 9. 1. 1914

Von Anna eine Karte, es geht ihr dauernd besser. ... Heute kam die Nachricht, daß Borko auch abgesagt hat, was Herrn v. Streng leid tut, was er aber erwartet hatte ...

 

Sonnabend, 10. 1. 1914

Von Idel endlich auch Glückwünsche an Herrn v. Streng, wie freue ich mich darüber, nun kann noch alles gut werden. Idel lud uns zum 16. ein (Geburtstag von Sohn Ernst). ...
Herr v. Streng fuhr um 9 Uhr bei gräßlichem Wetter nach Königsberg zur Hochzeit.

 

Sonntag, 11. 1. 1914

Heute friert es Stein und Bein, -12°. Leider ist die Schlittbahn nicht durchweg gut, nach Lyck muß mit Wagen geschickt werden. ... Herr v. Streng kam abends an, und wir verlebten noch einen sehr gemütlichen Abend, der letzte in der Art als Junggeselle! Mir ist es noch immer rein unmöglich, daran zu denken, daß alles anders wird.

 

Montag, 12. 1. 1914

Von Anna heute wieder sehr gute Nachricht, bliebe es weiter dabei! ...  Herr v. Streng zur Jagd in Neuhoff, wir am Abend sehr gemütlich zusammen mit Du Maire.

 

Dienstag, 13. 1. 1914

Da Herr v. Streng erkältet ist, sagte ich zur Jagd in Jucha für ihn ab. ...

 

Mittwoch, 14. 1. 1914

... Am Nachmittag fuhr ich bei herrlicher Schlittbahn und -9° mit Else nach Jucha, wir holten einen Brief ab.

 

 

 

Donnerstag, 15. 1. 1914

An Frau Homm schrieb ich zu Ernstchens Geburtstag. Sie wird traurig sein, daß niemand von uns hinkommt. Else verließ uns heute, ihr wurde der Abschied sehr schwer; kein Wunder, sie war so gerne hier!  Weiß Gott, wie sich ihre Wege nun gestalten werden und was aus ihrer Verlobung herauskommt. Wird er treu zu ihr halten? Ich brachte Else nach Jucha. Die Schlittbahn war köstlich.

 

Freitag, 16. 1. 1914

Morgens deckte ich eine Diebesgeschichte auf. Zwei Mädchen hatten einem dritten Geld genommen und es dann geteilt. Als Reue mußten sie je 5 M ans Krüppelheim zahlen.

 

Sonnabend, 17. 1. 1914

Die Möbel kamen an. Bei jedem Stück musste ich an Willy (Beerbohm) denken, wie er früher mit G. (Grete Beusch) alles besprochen hatte.  ...

Von Herrn Heumann, Klein Gablick, erhielt ich die Anfrage, ob ich in sein Haus kommen würde, um ihm die Korrespondenz etc zu führen? Da ich weiß, daß ich mich dazu nicht eignen würde, sagte ich dankend ab. ... Abends saßen wir mit Du Maire noch sehr gemütlich beim Glas Rotwein, Herr v. Streng war sehr vergnügt.

 

Sonntag, 18. 1. 1914

Der Nachmittag verging mit Packen, und gegen Abend kam Dr. Pfeifer und brachte die Lenzen mit, die selig waren, wieder mal hier sein zu dürfen. ... Nachdem Dr. Pfeifer abgefahren, saßen wir noch lange auf und tranken das letzte Glas Rotwein im Junggesellenheim. Auch bei den Bekannten in Lyck nur eine Stimme: Das alte Berghof ist dahin.

 

Montag, 19. 1. 1914

Else hatte ich gestern geschrieben, daß ich sie heute besuchen werde. Morgens schnitt ich von den großen Myrthen Zweigchen zum Brautkranz, wie wird es werden? Ich  muß immerfort an das denken, was nun kommen  muß. An Else Kemke hatte ich gestern geschrieben, und heute gab ich alles, was sie noch hier hatte, nach Widminnen mit.

R. fuhr am Vormittag sehr glücklich ab. – Mit der jungen Frau, die ich zuletzt als Willys Braut gesehen, kommt er wieder, noch scheint das alles mir undenkbar.- ...

Die Schlittbahn nach Pammern war wunderbar. Ich fand dort alles vergnügt, bis auf Willy (Annas Ehemann), der erkältet ist. Else mit ihren 9 Jahren so verständig. Nachdem ich viel geflickt und Kaffee getrunken, fuhr ich heim (nach Berghof), wo ich einen langen Brief von Else (Kemke) vorfand. Aus jeder Zeile sprach das Bangen nach Berghof, arme Elske, nie mehr wieder!

 

Dienstag, 20. 11. 1914

Am Vormittag schrieb ich noch an R. und schickte die Torten ab. Nachmittag ging es nach Lyck, die Fahrt war herrlich, vielleicht zum letzten Mal von hier. Bei Strehls zu Kaffee ... bei Gerlachs war ich nur ein Weilchen ... Um 9 Uhr zu Hause.

 

Mittwoch, 21. 1. 1914

Von Frau Homm hatte ich gestern einen langen Brief. Sie rät mir, daß ich mir die Sache mit Heumanns doch sehr überlegen soll, wie hat sie recht! ... Von Anna erhielt ich die Nachricht, daß sie Sonntag heraus darf und von Willy abgeholt wird. Gebe Gott, Anna bliebe jetzt bei den Ihrigen und erhole sich ganz. ... Else schickte mir einige hübsche Bilder mit einigen Zeilen. An R. schrieb ich den Hochzeitsbrief.

 

Donnerstag, 22. 1. 1914

Von Else hörte ich, daß Frau Beerbohm krank ist und Idel schreibt, daß Willy krank und zu Hause ist. Von dort höre ich nichts, Frl. Lotty schweigt schon seit Neujahr. ...
Else sandte ich einen langen Brief. Sie freut sich, jetzt noch von Berghof zu hören, bis sich allmählich alles vermischt, und nur die Erinnerung an Erlebtes bleibt. ... An Eiselen schrieb ich. Lotte schickte ich den letzten Rest Wäsche mit einigen Zeilen. Ich dachte, sie wird am 1. nach Hause kommen, um die Mama zu begrüßen. Gebe Gott, Anna würde jetzt gesund.

 

Freitag, 23. 1. 1914

Herrn v. Strengs Hochzeit in Merseburg. Nun gibt es zwei glückliche Menschen mehr auf der Welt, doch  muß man wünschen, es bliebe so. Ich werde die Angst nicht los. – Auch wir feierten Hochzeit mit Braten, Fladen, Torten, Sekt, und abends tanzten Knechte und Mädchen. Zum Kaffee erschienen Tamms. ... Dann meldete sich endlich Frl. Lotty. Die Arme, was hat sie wieder durchgemacht, die Mutter krank und die Hochzeit vor der Türe. Von Willy schreibt sie gar nichts, und ich hätte so gern gewusst, wie es ihm geht. ... Von Frau Borko eine Karte, sie hatte Anna besucht und schrieb mir, wie gut es ihr geht. ... Abends tranken wir in Gedanken an die Hochzeitsfeier in Merseburg mit Du Maire eine Flasche Sekt.

 

Sonnabend, 24. 1. 1914

Von Herrn v. Streng eine Karte, er wusste nicht, daß Ehlers zu seiner Hochzeit kommen wollten. ... Ich schrieb an Frau Borko und an Tribukeit, bei dem ich mich nach Willy erkundigte.

 

Sonntag, 25. 1. 1914

Anna hatte mir geschrieben, daß sie nun glücklich die Klinik verlässt. Die Operation allein hat 300 M gekostet und alles Übrige 600 M. Wie gut, daß man nicht alles allein zu bezahlen brauchte. ... Ich muß viel an Klein Gablick denken.

 

Montag, 26. 1. 1914

 ... Die Schränke kamen gestern an. Heute der Tapezierer, um das grüne Zimmer mit Fries zu belegen.

 

Dienstag, 27. 1. 1914

Von Frau Heumann ein Brief, den ich so nicht erwartet hatte. Noch einmal will sie mir helfen und alles bezahlen, lohne es ihr Gott! Auch Else machte ihrem Herzen mal wieder Luft. Jede Zeile spricht davon,, wie sie noch immer in Berghof ist. Und mir soll es bald ebenso gehen? Ich kann es nicht glauben, nicht fassen! ... Heute steht auch Herrn v. Strengs Vermählungsanzeige in den Zeitungen drin, lange sah ich sie schon im Geist. ...

 

Mittwoch, 28. 1.1914

Ich flickte und stopfte und packte und fuhr am Nachmittag im Einspänner mit August nach Pammern. Anna fand ich im Bett, aber ich fand sie doch zu Hause, und wir waren alle glücklich darüber. Anna hat sich in den letzten Wochen bereits etwas erholt und sieht nicht mehr so elend aus. ... Vielleicht wird sie noch ganz gesund. Anna würde sich wohl sehr freuen, wenn ich hier bliebe. Werde ich es können und vermögen?

 

Donnerstag, 29. 1. 1914

Von Lotty (Beerbohm) ein Brief. Die alte Dame und Willy sind krank. Armer Willy, wann wirst Du zur Ruhe kommen? Ich kann es nicht verstehen, daß er einem Menschen so nachtrauert, der ihn so verließ. ... Frau Sandmann sandte mir eine kurze Beschreibung der Hochzeit. Sie war reizend und die Familie von ausgesuchter Liebenswürdigkeit zu ihr. Am besten scheint ihr Beusch gefallen zu haben. Das junge Paar soll strahlend glücklich gewesen sein. Gebe Gott, es bliebe so. ... Wir flochten Kränze und stellen Triumphbögen auf und holen die Fahne raus, die verstaubt und vermottet lange lag .

 

Sonnabend, 31. 1. 1914

... Die letzten Kränze sind fertig, alles bereitet, nun können sie kommen. Wo bin ich übers Jahr?

 

Sonntag, 1. 2. 1914

Von den Reisenden nichts zu hören. ... Fr. Beusch schickte mir noch etwas Hochzeitskuchen. Abends kam das Telegramm aus Berlin, das ihre Ankunft meldete.

 

Montag, 2. 2. 1914

Mittags kamen Strengs an, würdig von uns empfangen. Die Ehrenpforten sahen gut aus, die Fahne wehte vom Dach. In ein schönes warmes Nest zieht die junge Frau, nicht jedem wird es zuteil! Der Preis – ein alter Mann – nicht für jeden wäre das! Ein Glas Sekt gab es zu Tisch, man sah nur Glück, Glück, Glück, und mein Herz war mir so schwer! – Mit einer Sicherheit tritt G. (Grete) auf und macht, als ob vorher nichts gewesen wäre. Sie kann alle sehr gut ansehen. Nicht lange und sie hat R. vollständig unter dem Pantoffel. ...

 

Dienstag, 3. 2. 1914

... Es meldete sich Else, die der Tante (Grete) Kissen schickte, die sie und Rieke gestickt haben.

 

Mittwoch, 4. 2. 1914

... Wie verwöhnt R. seine Frau, wie leid wird ihm dieses noch mal tun!

 

Donnerstag, 5. 2. 1914

Gestern kam der Fischer, und wir aßen zum Abend bereits die ersten Bratbarse. Gawlick fängt wenig, kaum für seine Leute und für uns. ...  Eine Äußerung der Gnädigen verstimmte heute Du Maire. Na, sie wird noch manches äußern! R. betet die Gnädige an. Ach, möge es immer so bleiben ...

 

Sonnabend, 7. 2. 1914

An Homms schrieb ich zu morgen; vor drei Jahren (Homms Hochzeit) sah es hier noch anders aus, da ahnte noch niemand das Glück, das jetzt hier erstanden, und R. wohl am allerwenigsten. ... Von Frl. Both hat Anna 20 M zur Pflege bekommen. Du Maire reiste bis morgen heim.

 

Sonntag, 8. 2. 1914

Homo gratulierte ich zum Geburtstag ... Sonst geht es ja gut, ich kann den Gedanken an Vergangenes nicht loswerden. Immer  muß ich daran denken, wie Willy betrogen worden ist! ... Nach dem Kaffee machten wir eine Spazierfahrt – sehr schön, doch mußte ich daran denken, wie Grete bei Ausfahrten vor zwei Jahren neben dem Kutscher saß und ich im Font, und nun ist es umgekehrt!

 

Montag, 9. 2. 1914

Wir haben jetzt herrliche Sonnentage, etwas Frost.. Es ist ein Genuß, durch den Wald zu wandern. ... Das junge Paar schwelgt im Glück, bliebe es immer so. Für Dritte ist es aber oft nicht schön. Na, nicht mehr lange! R. verwöhnt sie zu sehr.

 

Dienstag, 10. 2. 1914

... G. (Grete) kümmert sich schon ein bißchen um den Haushalt, guckt hier rein und da rein und zeigt Interesse. Er dagegen lässt sich draußen kaum blicken ...

 

Mittwoch, 11. 2. 1914

Der Monteur der Gasleitung machte einige Veränderungen und war damit in zwei Tagen fertig. Hier wurde mit Roggendreschen begonnen.

 

Donnerstag, 12. 2. 1914

Von Susi Heumann erhielt ich eine Anfrage, ob ich ihrem Bräutigam den Haushalt führen wollte und sie später einführen möchte? Es war mir sehr schmerzlich, gerade ihr abschreiben zu müssen. Ich hoffe, Frau Heumann sieht es ein, daß Anna vorgeht und ich sie nicht verlassen kann, bis sie gesund ist. ...  Hier alles unverändert, Strengs in Lyck. Nach der Heimkehr erzählten sie, daß sie bei Gerlachs Kaffee getrunken haben  ...

 

Sonnabend, 14. 2. 1914

... Die Flitterwochen bestehen noch immer, bin gespannt, wie lang sie dauern werden! Frau Grete fiel mir heute um den Hals, dankte mir, daß ich solange treu für ihren Mann gesorgt, den sie über alles liebt und der der beste Mensch dieser Welt ist! Ja, sie hat auch das große Los des Lebens gezogen ...

 

Sonntag, 15. 2. 1914

Bei herrlichem Wetter fuhr ich heute nach dem Mittagessen nach Hause (Pammern), es war eine wundervolle Fahrt. Anna fand ich im Bett. Sie sagt, es ginge ihr etwas besser, doch konnte ich keine Veränderung wahrnehmen. ... Lotte ist vergnügt, aber elender als zu Weihnachten. ... Von Frl. Lottchen (Beerbohm) eine Karte, sie hat sehr viel zu tun. Die Mutter ist noch sehr krank, die Hochzeit vor der Tür, arme Lotte. ...

 

Montag, 16. 2. 1914

Wir schlachteten. Strengs abends zum Geburtstag in Ranten. ..

 

Mittwoch, 18. 2. 1914

Die Wurst geriet gut. Ich bin froh, daß alles so weit ist. Frau Grete belernt sich gründlich. Mir wird es immer ungemütlicher und unverständlicher, wie der Mann diese Frau heiraten konnte. ... Von Else ein langer Brief., sie scheint glücklich und froh zu Hause und muß in diesen Tagen ihrer Nase wegen nach Königsberg. Strengs machten eine lange Fahrt, wahrscheinlich nach Ranten ...

 

Freitag, 20. 2. 1914

Frau Grete fragte mich heute, warum ich eigentlich fort gehe? Ich sagte ihr in aller Ruhe, daß unser Verhältnis auf die Dauer nicht bestehen würde, was sie nicht einsehen wollte, und daß es besser ist, ich gehe bei Zeiten. ... Herr v. Streng schon am Vormittag in Lötzen, sie um 2 Uhr noch zu Homms. Um 8 Uhr waren sie zurück, es soll sehr nett gewesen sein.

 

Sonntag, 22. 2. 1914

... Von Else heute ein Gruß aus Königsberg, morgen geht es bereits heim. Nach dem Kaffee machten wir eine schöne Spazierfahrt nach Skomatzko und sahen uns den Hof der Domäne an. ...

 

 

 

Montag, 23. 2. 1914

... Dr. Pfeifer war hier, fünf Menschen sind krank, darunter die Kutscherfrau Balzer an Lungenentzündung schwer. Pfeifer machte ein Witzchen als ich ihn zu den Kranken begleitete und meinte: ich müsste einen Arzt heiraten. Ich sagte dazu, das ist schlimm, ein Älterer will mich nicht und einen Jüngeren nehme ich nicht. ...

 

Dienstag, 24. 2. 1914

Zu Fastnacht backte ich Pfannkuchen und Marie viele Flinsen ... Über Frau G. muß man sich oft sehr wundern, nie könnte ich es immer mit ihr aushalten, niemals! ...

 

Mittwoch, 25. 2. 1914

Wir haben Wäsche, die Gnädige belernt sich. Mir wird es immer rätselhafter, wie der Mann diese Frau heiraten konnte! Ob ich das Ende dieser Ehe noch sehen werde? ... Wie froh kann Willy (Beerbohm) sein, daß er sie nicht bekam!

 

Donnerstag, 26. 2. 1914

Sie gratulierten Hans Beusch nur so kurz wie möglich, ich unterschrieb. ... Der Kutscherfrau geht es besser, ich bin froh.

 

Freitag, 27. 2. 1914

Von Strengs (Lötzen) liebe Zeilen. Sie sagen auch, daß die schön verlebten Stunden in Berghof niemals wiederkehren, niemals!

 

Sonnabend, 28. 2. 1914

... Herr v. Streng in Lötzen ... Sonst geht alles seinen Gang, ich sehne mich fort.

 

Sonntag, 1. 3. 1914

... Zum Spazierengehen wurde ich aufgefordert, dankte aber. Ich habe schon genug, wenn ich hier das viele Glück sehe. Draußen will ich für mich allein sein und mich an der Natur erfreuen.

 

Mittwoch, 4. 3. 1914

Von Else ein langer Brief, Idel soll es wieder schlecht gehen, das ist ein Elend! Sie hat mir so viel Gutes getan im Leben. Ich möchte ihr so gerne beistehen und ihr auch mal etwas tun, vielleicht kommt es noch dazu.

 

Donnerstag, 5. 3. 1914

... Ein Brief von Anna, sie ist so elend und möchte gerne, daß ich schon zu Hause wäre. Wann wird das sein? Sie bekommen keine Wirtin. ...

 

Freitag, 6. 3. 1914

Herren von der Post waren hier. Wenn die neue Bahnstrecke Skomatzko-Arys im August eröffnet wird, geht die Post mit, und Veränderungen entstehen. ...

 

Sonntag, 8. 3. 1914

Ganz unerwartet kam es heute zu einer Fahrt nach Pammern mit Bouvain.  ...
Die Freude zu Hause war groß, und ich war auch befriedigt, da ich Anna frischer fand.

 

Montag, 9. 3. 1914

Die Angerburger schrieben, morgen heiratet Clara, und wir wussten nichts davon, unglaublich. ... Gestern Abend las ich, daß Frl. Lotte Reinert sich verlobt hat, ich dacht’ ich werde blind. Sie ist so alt wie ich, und wer weiß, was der Oberinspektor Berger für eine Partie sein mag. Ich gratulierte ihr. Die Stelle bei v. Lenski ist nun frei, doch sind die Trauben sauer, und wer weiß, ob es noch gut wäre. ... R. in Lötzen und Neuhoff.

 

Mittwoch, 11. 3. 1914

... Herr Wedthoff schreibt, daß Lotty am 28. heiratet. Ein langer Brief von Idel, sie fragen schon, wann ich komme. ...

 

Donnerstag, 12. 3. 1914

... Von Frau Heumann ein längeres Schreiben, worin sie mir eine Stelle bei ihrem Jugendfreund Goldschmied in Berlin anbietet. Leider mußte ich der Frau wieder abschreiben. Ich will nicht so weit von Pammern fort und nach Berlin schon niemals. ... Strengs in Lyck. Ich Spaziergang bis zur Waldgrenze, Wetter herrlich.

 

Freitag, 13. 3. 1914

Von Nichte Else ein Brief, desgleichen von Else K. (Kemke). ...

 

Sonnabend, 14. 3. 1914

Von Anna zwei Briefe, die Kuh ist gekauft, hoffentlich ist sie gut. ... Gegen Abend noch ein Spaziergang mit Strengs zur Waldgrenze.

 

Sonntag, 15. 3. 1914

Bouvain fuhr nach Pammern und brachte mir von Anna die Nachricht, daß die gekaufte Kuh gut ist, auch B. gefällt sie. ... Von Borko eine neckische Karte, die ich ihm ebenso neckisch beantwortete.

 

Montag, 16. 3. 1914

Willy (Beerbohm) schrieb, er hat vorläufig die Nase voll und denkt nicht wieder so intensiv an Zukunftspläne wie vor zwei Jahren. ...

 

Dienstag, 17. 3. 1914

Strengs fuhren am Vormittag nach Königsberg ... Ich nähe in stiller Beschaulichkeit meine Hemden und denke auch ab und zu an den Abschied. Ich hoffe, daß er mir nicht zu schwer fallen wird. Oft denke ich: wäre ich doch lieber erst gar nicht her gekommen und dann: sind es nicht schöne Jahre gewesen, die ich hier erlebte?

 

Mittwoch, 18. 3. 1914

Strengs schon um 8 Uhr abends hier. Bei Borkos sind sie gewesen, leider hatte er heute Abiturium, und sie sahen ihn nicht. ... Von Lottens Hochzeit kein Wort.

 

Donnerstag, 19. 3. 1914

Anna schrieb mir, daß die Niere wieder schmerzt. Es ist und bleibt ein Elend mit dem armen Weib, und wann werde ich zu ihr kommen? ... Von Else K. (Kemke) liebe Zeilen, ich habe das Gefühl, als wäre es ihr zu Hause zu eng. Am Nachmittag schöne Spazierfahrt nach Karlowen bei grundlosen Wegen, die ersten Leberblümchen gesehen.

 

Freitag, 20. 3. 1914

Herr v. Streng brachte von Lötzen die Nachricht, daß Idel (Frau Homm) die Masern hat. Das arme Weib trifft auch alles! Mit dem Bein soll es aber besser gehen. Und Strengs (Lötzen) kommen noch mal her, bevor sie nach Stallupönen ziehen. ...

 

Sonntag, 22. 3. 1914

Vormittag mit Bouvains in der Kirche (Neuhoff), auch Wilhelm und Else dort (Annas Ehemann und Tochter aus Pammern). ... Wir wollten heute nach Pammern fahren. Ich saß schon auf dem Wagen, da kamen die alten Kemkes an, ich freute mich sehr.

 

Montag, 23. 3. 1914

... Um 5 Uhr fuhren wir nach Rogallicken; Strengs machten ihren Antritts- und ich meinen Abschiedsbesuch. So vergeht alles im Leben, und ich bin jetzt auch nicht mehr so traurig,  daß ich von hier fort muß. ... In Rogallicken war es sehr nett und gemütlich, Flöthes liebe Menschen. Der Weg dorthin war an manchen Stellen kaum zu passieren, und wir waren froh, als wir festen Boden auf der Heimfahrt hatten. Es geht doch nichts über die Chaussee!

 

Mittwoch, 25. 3. 1914

Lottchen Beerbohms Hochzeit heute ... Möchte sie glücklich werden, so sehr wünschen wir es ihr von Herzen. Wie oft kommt es aber, daß die Guten leiden müssen und sie manches Unglück trifft. ... Da Strengs endlich ihren Besuch in Pammern und Mallinken machten, fuhr ich zu Anna mit, große Freude. Ich fand sie gerade nicht elend, aber ziemlich hilflos. Die Füße am Abend so dick, Herzbeschwerden, und die Niere meldet sich auch. Erst um 12 Uhr zu Hause bei leichtem Regen.

 

Donnerstag, 26. 3. 1914

Ich muß viel an Frau Dr. Beusch denken. ... Ich schrieb ein paar Zeilen an Else, da Fritz nach Widminnen fuhr, um einen kleinen Hund zu holen.

 

Freitag, 27. 3. 1914

Strengs fuhren früh nach Arys per Fuhrwerk vierspännig, da die Wege grundlos, und von dort mit der Bahn zu einer Taxe. ... Zum Abend waren Strengs zurück.

 

Sonnabend, 28. 3. 1914

... Herr v. Streng (Lötzen) war adieu sagen, wer weiß, wann man ihn wieder sieht! Vielleicht besuche ich sie, wenn ich mal nach Insterburg fahre. Die Neuhöfer Wirtin will kommen, das wäre prächtig, ich freue mich sehr.

 

Sonntag, 29. 3. 1914

... Strengs am Nachmittag zum Abend nach Klein Gablick, wann werde ich auch mal dort sein? ...

 

Montag, 30. 3. 1914

Für die Wirtin wurde die Stube eingeräumt, Mariechen zog nach oben  ... Vor acht Jahren dachte ich mit gemischten Gefühlen nach Berghof hin, und heute? Zwei Gewalten streiten in mir. Es ist schwer, etwas aufzugeben, wo man glücklich gewesen ist. ...

 

Dienstag, 31. 3. 1914

... Am Nachmittag ging ich mit Frau v. Streng bis zu Grabnicker Grenze spazieren.  ...
R. in Lötzen zum Kreistag, sehr vergnügt zurück. Ich bin froh, daß ich gehe, nie würde ich mich glücklich fühlen.

 

Mittwoch, 1. 4. 1914

Von Herrn Homm die Nachricht, daß ich viele Ausweispapiere zur Abhebung des Geldes brauche. Nur gut, daß dabei die Kirchen Jucha und Neuhoff in Betracht kommen und ich weiter keine Scherereien habe. ... Wir hatten am Abend noch viel Spaß, indem wir Du Maire und Bouvain in den April schickten. ... Die Wirtin kam an, vielleicht ist es ein guter Griff.

 

Donnerstag, 2. 4. 1914

Von Else ein langer Brief ... Die jungen Beuschs sind in Lötzen bei Homms gewesen, es war sehr nett. Else hat sie gesprochen, war mit dem alten Herrn zum Abend dort, während Frau Kemke noch in Königsberg ist.  ... Auch Anna schrieb, Karl gestern seinen ersten Schultag, gebe ihm Gott Glück im Leben.

 

Freitag, 3. 4. 1914

... Borko kam an, schmal und grau. Ja, auch an ihm geht die Zeit nicht spurlos vorüber. Sie kommt nach. Ob die Wirtin gut ist? Ich fürchte nein.

 

Sonnabend, 4. 4. 1914

Ich fange an, meine Siebensachen zusammenzusuchen. ...

 

Sonntag, 5. 4. 1914

Am Vormittag Homo seinen Gegenbesuch machen. Er erging sich nicht in Lobpreisungen über alles Neue. ... Ich fuhr zum Kaffee und Tee zu Tamms, wo es sehr nett war. ... Homo fuhr abends ab.

 

Montag, 6. 4. 1914

Am Vormittag fuhr ich mit den Bibutzen nach Neuhoff, um dort die noch nötigen Urkunden ausstellen zu lassen. Frau Pfarrer meinte, es wird nun wohl anders werden in Berghof, was ich dem Hause und der Wirtschaft gewesen, wisse sie ganz genau ... Am Nachmittag fuhr ich zur Angrabe und holte mir bei Tierfelds Annas Heiratsurkunde. Nun hoffe ich alles beisammen zu haben.

 

Mittwoch, 8. 4. 1914

Frau Borko zu Kaffee schon hier. Ich machte dann meine Abschiedsbesuche bei Dammeraus und Bouvains. ... Gut, daß ich nicht zu alt bin, um mir einen neuen Wirkungskreis zu schaffen. Gott helfe mir!

 

Gründonnerstag, 9. 4. 1914

Der Himmel weint, da brauche ich es nicht! Am Vormittag teigte ich noch mit Mariechen die üblichen Kuchen an, die gut gerieten. Der Gründonnerstagskringel war ausgezeichnet, der letzte von mir in Berghof gebacken. Um 3 Uhr war alles so weit, daß ich abfahren konnte. Gott half mir, er stand mir bei. Ich brauchte nicht zu weinen, wenn auch niemand wusste, wie es in meinem Innern aussah. Gut, daß ich mit Grete noch so lange zusammen war, das machte mir das Scheiden erheblich leichter. Zu Hause (Pammern) mit Freuden begrüßt, hielt ich meinen Einzug. Helfe mir Gott, daß Anna gesund wird und ich dann weiter wandern kann.

Heute schrieb Frau Streng und fragte mich, ob ich zu ihnen für vier Wochen kommen kann. Ich schrieb ihr ab, leider.

 

Karfreitag, 10. 4. 1914

Willy fuhr mit Else und Lotte zur Kirche, wo sie auch Strengs sahen. ... Nach dem Kaffee ging ich mit den Kindern ein weites Ende spazieren ...

 

 

 

 

Sonnabend, 11. 4. 1914

Lukowski brachte den Rest meiner Sachen und den Schreibtisch von Herrn Ernst, der mir von R. geschenkt wurde. Ich hatte mit Einräumen ziemlich tagsüber zu tun und bin froh, daß alles möglichst untergebracht ist.

 

Ostersonntag, 12. 4. 1914

Von Seifert ein Brief und von Dr. Beuschs ein gedruckter Dank.  An Frau Homm schrieb ich eine Karte und fragte sie, ob ich am 15. kommen kann. Zum Kaffee ging ich zu Kammers, mit ihm kann man ein Wort reden. ... Zu Hause habe ich mich bereits eingelebt, Gott wird weiter helfen.

 

Ostermontag, 13. 4. 1914

Mit Willy (Schwager) fuhr ich zur Kirche bei herrlichstem Wetter. Eigen war mir doch zu Mut, als ich nicht den Weg nach meinem geliebten Berghof nahm. ... Bei Rektors aßen wir Frühstück, schwatzten ein wenig, und dann ging es heim. Nach dem Kaffee ging ich mit den Kindern ein weites Ende spazieren, in Pammern ist es schön.

 

Mittwoch, 15. 4. 1914

Der Vormittag verging schnell mit den letzten Vorkehrungen zur Fahrt ... In Widminnen traf ich Frau Heumann, die auch nach Lötzen fuhr. Sie lud mich zum 21. ein, wir einigten uns für später. Bei Homms fand ich alles munter, auch mit Idels Fuß geht es besser.

 

Donnerstag, 16. 4. 1914

... Mit Idel legte ich Wäsche ... Am Nachmittag machte ich mit Lotte (Annas Tochter,
11 Jahre) einige Besorgungen und besuchte auch Frau Rievers ein Weilchen.

 

Freitag, 17. 4. 1914

Else Sandmann gratulierte ich zum Geburtstag und schrieb an ihre Mutter ...

 

Sonnabend, 18. 4. 1914

... Zu Kaffee bei Lottes Pensionsmutter, die für Lotte rührend sorgt. ... Zufällig traf ich Herrn v. Streng und Tilly (Kemke), ging mit ihnen zur Bahn und hörte noch mancherlei von Berghof, u. a., daß Eiselen dort ist und Du Maire am 1. 7. Berghof verläßt.

 

Sonntag, 19. 4. 1914

Mit Lotte in der Kirche. Lotte kam am Nachmittag zu Homms, spielte Klavier und mit Ernstchen und Käthe Rievers. Ich war zu Kaffee bei Rievers und sprach mit der famosen Frau manches ernste Wort. Abends waren Rievers noch hier bei Homms.

 

Montag, 20. 4. 1914

... Frau Homm machte früh Mittag, Herr Homm hatte Lokaltermin, musste vor mir fort. Alle luden mich ein, recht bald wiederzukommen. Lotte war noch auf der Bahn. Mit Herrn Hudel fuhr ich bis Schedlisken. In Widminnen auf der Bahn Tilly und Else, bei Kemkes sehr nett, auch der alte Herr (Paul Kemke, *1867). ... Abends wieder zu Hause, große Freude. Einen Brief fand ich von Frau Frida Schrötter vor, sie fragt mich, ob ich für drei Monate im September zu ihnen kann.

 

Dienstag, 21. 4. 1914

Ob die Berghöfer heute in Gablick sein mögen? ... Frau Schrötter schrieb ich, daß ich zu ihr kommen will. Wer weiß, ob sie auf meine Bedingungen eingeht. ... Willy sät und ich pflanzte mit Ida ein Gärtchen.

 

Mittwoch, 22. 4. 1914

Krüger kam, und die vier Birnbäumchen kamen in die Erde. Er blieb auch zum Abend und erzählte interessant von seinen Reisen. So ein alter Junggeselle hat für niemand zu sorgen und kann das Geld verreisen. Er ist sonst ganz nett, heiraten möchte ich ihn aber doch nicht, und ich glaube, er mich auch nicht!

 

Donnerstag, 23. 4. 1914

... Ich nähte fleißig Lottes Hemden fertig und säte alles ein, bis auf Gurken und Bohnen, die noch Zeit haben.

 

Freitag, 24. 4. 1914

Willy fuhr mit den vier Schweinen nach Widminnen, die 8,3 Zentner wogen und 40 M den Zentner brachten. Gut, daß sie fort sind. ...

 

Sonntag, 25. 4. 1914

Frau Schrötter schrieb mir,  daß sie mich im September bestimmt erwartet.

 

Mittwoch, 29. 4. 1914

... Frau v. Streng schrieb mir, daß am 6. Mai nach Berghof Einquartierung kommt, und sie fragte mich, wie sie es machen soll. ... Um 5 Uhr kamen Strengs, ein schöner Empfang von unserer Seite. Ich musste ihnen alles sagen, wie ich es mit der Einquartierung machen würde. Ich sprach ihnen auch meine Verwunderung darüber aus, daß sie meine Hilfe nicht wollen.. Nein, sagte die Gnädige, ich will alles allein machen.

 

Donnerstag, 30. 4. 1914

Der Schluß des April brachte uns die Masern. Karl (*1907) lag schon gestern, aber erst heute kam der Ausschlag heraus und bei Else (*1905) zeigt er sich kaum. Beide liegen im dunklen Zimmer. ... Lore (*1908) ist noch munter.

 

Freitag, 1. 5. 1914

Heute geht es Else schlecht. Sie hustet sehr und hat 40° Fieber, das arme Kind. Karl ist ruppig wie ein Reibeisen und rot wie ein Krebs und furchtbar ungeduldig, während Else ruhig liegt. ... Anna mit Willy in Widminnen ...

 

Montag, 4. 5. 1914

... Willys Hemden habe ich zugeschnitten und will nun sorgen, daß sie fertig werden.

 

Sonntag, 10. 5. 1914

... Mit Willy ging ich auf unser Feld, Hafer und Gerste gehen auf; wir sahen noch nach Rostken hinüber. ...

 

Montag, 11. 5. 1914

... Von Frau Bouvain erhielt ich einen Brief; die Einquartierung ist sehr gut verlaufen,
Frau B. war helfen, ... Willys Hemden beendete ich.

 

Freitag, 15. 5. 1914

Heute brachte ich die Betten in Ordnung ... So wird eins nach dem andern fertig, und dann wird es ja wohl wieder wandern heißen. Weiß Gott, wo und wann die Rast für mich mal kommt?

 

Montag, 18. 5. 1914

Von Homms ein lieber Brief; sie laden mich zur Taufe am 28. 5. oder 1. 6. ein. Gut, daß die Masern vorüber sind und ich ihnen zusagen konnte. ...

 

Dienstag, 19. 5. 1914

... Da Ida einen kranken Finger hat, melke ich die Kuh und tränke das Kälbchen, was mir Freude macht.

 

Donnerstag, 21. 5. 1914 (Himmelfahrt)

Homm schrieb, daß sie am 28. taufen und ich sobald als möglich kommen möchte.

 

Sonnabend, 23. 5. 1914

... so fuhr ich nachmittags zu Homms und fand Idel sehr, sehr elend aussehend, das Herz ...
Ich freue mich, ihr helfen zu können, zumal ich zu Hause nicht mehr nötig bin. ...

Dann saß ich mit Homms noch ein Stündchen bei Rievers im Garten mit Müllers zusammen. Rievers machen eine kleine Reise, und ich soll am 2. Feiertag zu ihnen.

 

Donnerstag, 28. 5. 1914

... Idels Geburtstag, verschönt durch die Taufe der kleinen Dorothea ... Unsere Taufgäste

erschienen am Nachmittag ... Um 4 Uhr war die Taufe in der Kapelle von Bethanien ...
Dorchen war artig ...

 

Sonnabend, 30. 5. 1914

... Frau Homm ist froh,  daß ich hier bin. Gestern Abend war Dr. Meiner noch hier, und man sprach viel von der notwendigen Nauheim-Reise. Ob sie Frau Homm die notwendige Genesung bringen wird? Ich soll derweil das Haus hier hüten. ...

 

Pfingstsonntag, 31. 5. 1914

Homms fuhren am Vormittag zu Kemkes, ich blieb mit den Kindern und Lotte allein. ...
Um 6 Uhr fuhren Rievers ab, die mir ihr Haus noch „übergaben“.

 

Pfingstmontag, 1. 6. 1914

Frau Homm geht es wieder schlechter ...  sie denkt nun auch im Ernst an Nauheim. Ich fürchte nur, das kostet viel Geld und nützt nichts. ...

 

Mittwoch, 3. 6. 1914

... Frau Homm geht es heute besser, sie fahren schon am 1. 7. und kommen am 17. August zurück. Gebe Gott, daß es mit den Kindern gut ginge. -

 

Donnerstag, 4. 6. 1914

Lebte mein Vater noch, wäre er heute 79 Jahre alt. ...

 

Sonntag, 7. 6. 1914

Homms fuhren zu Linnecker, und ich verwalte nun zwei Häuser! Von Frau Rievers die erste Nachricht aus Blankenburg an die Kinder ...

Idel fährt morgen in die Höftmannsche Klinik, Herr Homm begleitet sie. – Wären nur Rievers erst zurück!

 

Mittwoch, 10. 6. 1914

Von Rievers die Nachricht, daß sie schon Vormittag ½ 11 Uhr in Lötzen sind. Ich freue mich, die Doppelwirtschaft geht ein bißchen über meine Beine. ...
Von Idel kam die Nachricht, daß das Herz gesund ist, daß sie aber einen leichten Fall von Basedowscher Krankheit hat. ...

 

Donnerstag, 11. 6. 1914

Rievers kamen mittags sehr vergnügt von ihrer Reise zurück; mir hatten sie ein kleines Taschenspiegelchen mitgebracht, aus Achat, darin fand ich 20 M. ...

 

Freitag, 26. 6. 1914

Ein Tag vergeht wie der andere, den Kindern geht es gut, ich schreibe täglich an Fr. Homm.

 

Montag, 29 .6. 1914

Morgens erzählte mir Auguste, daß gestern Extrablätter verteilt worden sind – Erzherzog Franz Ferdinand, Thronfolger von Österreich ist mit seiner Gemahlin ermordet worden. Der Täter, Serbe, schoß mit seiner Pistole und traf beide tödlich. Mein Gott, welch ein Abschaum von Verworfenheit! ...

 

Dienstag, 7. 7. 1914

Gestern war der Todestag der geliebten Mutter, 6 Jahre schläft sie schon auf dem schönen Friedhof ...

Herr v. Streng war von der landratschen Entenjagd kommend, ein Stündchen zum Schlafen hier. Mir war ganz eigen zu Mut, als ich seinen gepackten Koffer sah, den ich so oft besorgte, und nun geht es so schön auch ohne mich – so ist jeder Mensch zu ersetzen. -

 

Donnerstag, 9. 7. 1914

... Seit einigen Tagen füttere ich Dorchen mit Grieß, Spinat u. a. Das kleine Ding ißt mit großem Appetit. Am Nachmittag fahre ich mit ihr in Rievers Garten; sie schläft und ich helfe den Leutchen Himbeeren ernten. Meine Morgengänge um 3 Uhr zum Erdbeerpflücken hören bald auf, die Ernte wird immer dürftiger.-

 

Donnerstag, 16. 7. 1914

... Es überraschte uns ein Telegramm, Idels Ankunft heute meldend. Alles bereiteten wir für ihren Empfang vor, Homm fuhr ihr bis Korschen entgegen. Ich ging W. und Lotte begrüßen, die recht vergnügt und munter waren, und fuhr mit Homms im Meinerschen Auto heim. – Idel freute sich über Dorchen furchtbar, ist auch ein Prachtkind; bliebe sie so, bis ich gehe. -

 

Montag, 20. 7. 1914

Schon früh ½ 8 kam Herr v. Streng, dem ich Kaffee gab. Er scheint so langsam ein anderer zu werden, erzählt nichts mehr von selbst, und die alte Vergnüglichkeit ist auch dahin. Was mag Schuld daran sein, vielleicht unerquickliche Familienangelegenheiten der Frau ...

 

Freitag, 24. 7. 1914

... Idel geht es mit den Beinen so schlecht, daß sie liegen muß. ...

 

Sonntag, 26. 7. 1914

... Kriegsfurcht macht sich wieder bemerkbar. Depeschen sagten uns, daß der Krieg zwischen Serbien und Österreich ausgebrochen ist, weil Serbien die Forderungen Österreichs nicht erfüllt. Der Mord soll gerächt werden. Viele wollen schon wissen, daß Rußland sich auf die Seite Serbiens stellt, dann geht es mit uns los! Homms glauben, daß wir fort gehen. Wohin, noch ungewiß ... Der Kaiser ist nach Berlin gekommen und mit großem Jubel empfangen worden, alles scheint für den Krieg, ich glaube der Kaiser nicht. -

 

Montag, 27. 7. 1914

Man erwartete heute die Mobilmachung, nichts kam. Gewißheit ist besser als warten. An Anna schrieb ich einen Brief, daß für den Ernstfall unser Fortgehen geplant ist. ...

In Deutschland ist man für den Krieg, von dem Gedanken ausgehend, daß er für uns siegreich sein könnte ...

Idel geht es etwas besser mit den Beinen ...

 

Dienstag, 28. 7. 1914

Auch heute verlief der Tag ruhig, trotzdem militärisch alles in Bewegung sein soll. Die Grenze ist stark besetzt, ebenso die Brücken. Alle Urlauber werden in ihre Garnisonen zurückgerufen, die Aufregung in der Stadt ist groß. – Wir wollen zu Borkos (Königsberg), es scheint uns besser als nach Magdeburg.

 

Mittwoch, 29. 7. 1914

Heute scheint es nun ernst zu werden, es ging sogar das Gerücht um, daß schon mobil gemacht ist ...

Ich habe Frau Borko angefragt, ob sie uns im Ernstfall aufnehmen will und kann. ...

 

 

Donnerstag, 30. 7. 1914

Morgens bot sich uns ein sonderbarer Anblick. Vor unserem Haus war ein Schlagbaum gezogen, alle Autos wurden visitiert. Die Kriegsfurcht in der Stadt ist groß, viele sind abgereist. ...

Frau Homm ist ganz gefaßt, wenn auch furchtbar elend und hilflos. ...

 

Freitag, 31. 7. 1914

Wir waren am Vormittag durch die Zeitungsberichte über die Mobilmachung der ganzen russischen Armee unterrichtet, was das für uns bedeutet und was in den nächsten Tagen zu erwarten ist. Herr Homm brachte die Nachricht, daß den Offiziersdamen anheim gestellt wurde, die Stadt zu verlassen. Die höheren Punkte und Kirchtürme sind bis zur Grenze hin mit Posten und Schützen besetzt. Die Brücken sind schon seit einiger Zeit durch Militär geschützt. In der Feste Boyen wurden tagsüber scharfe Patronen ausgegeben. Die Maschinengewehrabteilung ist ausgerückt und dazu wurden ungefähr 20 Pferde aus der Stadt genommen.

Wir hatten uns schon am Mittwoch bei Borkos telegrafisch erkundigt, ob sie uns alle evtl. aufnehmen wollen und erhielten heute von dort die Nachricht: „Kriegsfurcht augenblicklich ganz unbegründet.“ Wir waren beruhigt und packten die Wäsche. Heute schrieb Frau Borko etwas ängstlicher, daß wir aber sehr willkommen wären, daß sie uns aber nicht alle aufnehmen kann, da Borko krank ist und liegt.

Um 4 Uhr erschienen Frau und Herr v. Streng freundlich schmunzelnd und fragten, ob wir schon packten, dieses etwas ironisch. Bald darauf erschien Hauptmann Hellwig aus dem großen Generalstab, ein junger Freund von Herrn Homm, ein Mann, der einem auf den ersten Blick gefallen muß. Er berichtete, daß eben eine Depesche eingetroffen wäre, daß Deutschland im Kriegszustand sei und ihn nach Berlin rief. Mit dem „Kriegszustand“ ist zwar nicht „mobil“ gemeint, aber das kommt bestimmt. Strengs Gesichter wurden immer länger. Sie gingen dann in die Stadt und kamen um ½ 6 Uhr gänzlich erschossen an und sagten, wir sollten sofort packen und gleich abfahren. Wird mobil gemacht, kommen wir nicht mehr in Königsberg rein. Wir packten nun schleunigst und waren um 7 ½ Uhr bereit, abzufahren. Ich hatte für die Kinder im Mack Flaschen gekauft. Auguste strich Brote, belegte sie, packte alles ein. Selbst Tante Mariak half, Medizinfläschchen u. a. einzupacken. Im Meinerschen Auto fuhren wir mit Herrn Rievers zur Bahn. Er half auch Idel ... (beim Einsteigen). Wir hatten jeder in der 2. Klasse einen guten Platz und kamen auch glücklich in Königsberg an. Ich brachte die Kinder so gut es ging ins Bett, indem ich sie auf ein Sofa legte. Lotte lag auf der Erde auf einem Unterbett und schlief sehr schön. Ich hatte mich neben sie gelegt, sie ahnte nichts davon. Im „Kriegslager“ ist alles egal! Tante Mariak nickte auf einem Stuhl, um 2 ½ Uhr waren wir in Ruhe.

Zuerst hätte ich schreiben müssen, daß ich auf dem Bahnhof Herrmanns traf, auf dem Wege nach Berlin, und dann mit den Kindern und Frl. Mariak nach der Dammguße fuhr, wo uns ein Herr Thur in seine Wohnung aufnahm, bevor ich Borkos herausklingelte. Homms trafen später ein, fanden das Haus und Borkos Türe schon auf, alles toll, wir wurden gleich freundlich aufgenommen und einquartiert.

 

Sonnabend, 1. 8. 1914

Die Kinder hatten gut geschlafen, meldeten sich spät und bekamen zu essen. Ich ging zu Borkos hören, wie Homms Unterkunft fanden und siedelte dann mit allem zu ihnen hinüber. Wir hausen in einem Zimmer und befinden uns so wohl wie es in dieser ernsten Zeit nur eben geht.

Herr Homm begab sich nach dem Essen in die Stadt, um zu hören, was dort los ist. Bei seiner Rückkehr fand er ein Telegramm, das ihn sofort nach Lötzen rief, den Dienst auf dem Amtsgericht zu übernehmen. Da wir nicht genau wissen, ob wir auch für später hier bleiben können, hat Herr Homm bei Eiselen für alle Fälle angefragt, ob wir nicht zu seinen Eltern könnten, was gehen wird.

Gegen Abend ging ich aus und las das Mobilmachungstelegramm. Bald darauf läuteten die Glocken der Kirchen. Was man in Büchern von 1870 gelesen, erlebt man nun selbst, wer hätte das gedacht! Breite Ströme von Menschen wogten auf den Straßen, teils patriotische Lieder singend, teils weinend und an den Abschied denkend. Ein jeder war sich des Ernstes der Stunde bewusst.

Nachdem wir uns vorgenommen hatten, früh schlafen zu gehen und uns von den Strapazen der Reise zu erholen, klopft es und ich sehe um ½ 10 Uhr abends Anna weinend vor mir stehen. Sie hatten in Pammern vom „Kriegszustand“ gehört und in der ersten Angst nur an Flucht gedacht. Schon in Korschen kam Anna zur Besinnung und wäre umgekehrt, hätte sie genügend Geld gehabt. Wir besprachen, daß sie bei Goldenstedts bleiben sollte und daß sie am nächsten Tag wieder zurück sollten. ...

 

Sonntag, 2. 8. 1914

Morgens kam Anna sagen, daß sie wieder zurück fahren will (nach Pammern) ... Bei Goldenstedts für längere Zeit zu bleiben ist nicht möglich, und wo sollte sie sonst mit ihren Kindern Unterkunft finden? Sie war noch mit den Kindern in den Tiergarten gegangen, und ich brachte sie um 3 Uhr zur Bahn. ...
Wir haben uns bei Borkos gut eingerichtet, und ich wünschte, daß wir nicht weiterziehen brauchen. ...

 

Montag, 3. 8. 1914

Um ½ 10 steht Willy vor mir, er suchte Anna, der er nachgefahren war, um sie erneut nach Danzig zu bringen. Herr Homm schrieb, daß Rievers eingezogen ist und Frau Rievers nach Danzig fuhr, während Frau Meiner die Jungen nach Blankenburg nahm. ...
Von Anna eine Karte, daß sie nach Hause kamen, aber wieder umkehren  mußten ...

 

 

 

Dienstag, 4. 8. 1914

Am Vormittag kam Wilhelm wieder zurück; er hörte schon in Lötzen, daß Anna mit den Kindern wieder abgefahren sei – leider wußte niemand wohin, und so fuhr er wieder nach Königsberg zurück, um zu sehen, ob sie hier sind. ... An Anna schrieb ich, daß Willy hier ist, als Antwort auf ihren Brief aus Graudenz. Wir erfuhren auch, warum sie so eiligst umkehrten. Bialla soll brennen, bis Arys sind die Kosakenpatrouillien vorgedrungen ... Anna reist weiter nach dem Kreis Neu-Stettin.

 

Mittwoch, 5. 8. 1914

Der Kaiser hat den heutigen Tag zu einem Bettag bestimmt. An Herrn Homm waren zwei Briefe aus Lötzen mit frohen, auch traurigen Nachrichten. Herr Homm harrt noch auf seinem Posten aus und Auguste kocht. Viele Flüchtlinge von der Grenze treffen in Lötzen ein und erzählen von brennenden Gütern und Dörfern.

Im Dorf Drygallen hat der Feind arg gehaust, die Kirche, sehr alt, und viele andere Gebäude verbrannt, bis er zurückgeworfen wurde.

Die Kemke-Kinder brachten am Nachmittag noch Briefe von Frau Kemke mit näheren Schilderungen. ...

Abends war ich noch Depeschen lesen. Nichts besonderes, außer daß der Kaiser das Eiserne Kreuz erneuert hat! England hat nun auch an Deutschland den Krieg erklärt. Viele sahen dies kommen, viele hofften noch. Möge es unserer Flotte gelingen, der Übermacht nicht zu unterliegen!

 

Sonnabend, 8. 8. 1914

Herr Homm schrieb heute nur Beruhigendes. Die Russen scheinen sich in ihr Land zurückgezogen zu haben. ...

 

Sonntag, 9. 8. 1914

Nachricht von Anna aus Neustettin, wo sie glücklich gelandet ist. Nachdem der alte Geizhals auf dem Lande sie nicht aufnahm, mußten sie nach der Stadt zurück und standen am Abend obdachlos. ... Für die Nacht fanden sie endlich Unterkunft bei einer reichen Rentierfamilie Nöske. Dann suchte sich Anna eine Wohnung, zahlt dafür 25 M den Monat. ... Ich muß ihr natürlich Geld schicken, ob ich es mal zurück bekomme?

 

Montag, 10. 8. 1914

Von Anna ein Brief, sie ist nun ganz beruhigt ...

 

Dienstag, 11. 8. 1914

Herr Homm schrieb einiges Interessantes. Major Beerbohm war mit dabei, als die 8 Geschütze bei Bialla erbeutet wurden. Herr v. Streng schreibt aus Allenstein, daß sie sich dort befinden und viel angestaunt worden sind.

Heute große Hitze, arme Truppen.

Für Herrn Homm kaufte ich gestern Mütze und Achselstücke. Er ist Kriegsgerichtsrat geworden und freut sich unmenschlich darüber. Am liebsten zöge er gleich mit ins Feld! ...
Willy schrieb von Widminnen aus, daß in Pammern alles in Ordnung ist ...

 

Mittwoch, 12. 8. 1914

Von Willy ein Brief, er wirtschaftet mit Ida wie im Frieden und ist nur in Sorgen um Anna, ...

zu Hause (in Pammern) fand Willy alles in Ordnung ...

 

 

 

Sonnabend, 15. 8. 1914

Herr Homm schrieb, daß in der Nacht vom 13. zum 14. Marggrabowa (Oletzko, Treuburg) beschossen wurde. Herr v. Streng bekräftigte dies in einem Brief an Borko. Sie hörten in Berghof sogar den Donner der Kanonen und sahen die Rauchwolken am Horizont. Mein Gott, welch ein namenloses Unglück ist über unser Vaterland gekommen! ...

In Lötzen werden alle Gebäude der Königsberger Straße abgebrannt, damit man von der Festung (Boyen) aus zur Verteidigung freies Gebiet hat. Gebe Gott, es käme nicht dazu!

 

Dienstag, 18. 8. 1914

... Herr Homm schreibt, daß Marggrabowa in den Händen der Russen ist. Wie viel Blut wird es kosten, sie daraus zu vertreiben. ...

 

Freitag, 21. 8. 1914

Viele tausend Verwundete treffen täglich ein – ein furchtbarer Anblick. Ich kann mich dabei nicht freuen über die Siege, die gemeldet werden. Seit Tagen ringen unsere wenigen Truppen gegen die Übermacht der Russen bei Gumbinnen. Wer wird siegen? Brüssel ist in unseren Händen, und dort geht es unaufhaltsam gen Paris, während die Russen hier nach Berlin streben. Wie wird das Ende dieses furchtbaren Krieges sein? ...
Abends von Wilhelm eine Karte, er ist bis Rastenburg geflüchtet ...

 

Sonnabend, 22. 8. 1914

Am Vormittag stand wieder Wilhelm vor mir, endgültig geflohen! Nur mit einem Kofferchen ... Er will mit Krüger erneut nach Neustettin ...

Herr Homm schrieb uns am Abend, daß er kommt, gerade in dem Moment, als wir gewarnt wurden, so schnell wie möglich Königsberg zu verlassen. Was nun tun? Wieder hatte ich nur einige Stunden Zeit zum Kochen von Weckflaschen und zum Packen. ... Frau Homm war frischer als in Lötzen damals vor der Flucht.

Frau Kemke traf früh ein, sie wollen in die Nähe von Berlin bis Frieden ist. Herr Kemke will auch ins Heer eintreten. ...

Wir entschlossen uns, erst morgen zu fahrenund heute Herrn Homm abzuwartzen. ... Als ich um 9 Uhr auf die Bahn ging, hatte ich die große Freude, den neu gebackenen Kriegsgerichtsrat zu begrüßen! Frau Borko reiste heute Abend nach Hannover ab. ...

 

Sonntag, 23. 8. 1914

Am Vormittag verkündeten Extrablätter große Siege der Armeen des deutschen und des bayrischen Kronprinzen an der Westgrenze. Fahnen sind hochgezogen, der Jubel in Deutschland kennt keine Grenzen. So feiern die einen Siege, während die armen Flüchtlinge um ihr verlorenes Hab und Gut in Tränen sind.

Wir entschlossen uns, statt abends am Nachmittag abzureisen, was sehr gut war. Der Zug allerdings überfüllt, wir kamen ausgezeichnet allein in einem Abteil 1. Klasse unter und richteten uns da unsere Wohnung für 36 Stunden ein.

Auf dem Bahnhof in Königsberg wurden viele russische Gefangene an uns vorüber geführt – elend und müde waren sie, verängstigt und verstört. Ihre Kleidung war schmierig, aber nicht zerrissen, sie haben nicht Tuch, sondern feldgrauen Drill.

 

Montag, 24. 8. 1914

Den ganzen Tag brachten wir im Zug zu, nachdem wir uns von Herrn Homm verabschiedet hatten. Er zog in die Festung Boyen ein, einem ungewissen Los entgegen. Er erzählte, daß Widminnen brennt und daß die Russen schon vor Lötzen stehen. Der Zug geht wohl bloß bis Stürlack. ... Überall auf den Stationen waltete das Rote Kreuz seines Amtes, und viele Gaben kommen auch uns armen Flüchtlingen zugute, welch eine segensreiche Einrichtung.

 

Dienstag, 25. 8. 1914

Der Morgen graute, als wir um ½ 2 in Berlin einfuhren und auf dem Bahnhof Charlottenburg ausstiegen. Wir hatten eine sehr gute Fahrt hinter uns, da wir allein geblieben waren. Interessant war es unterwegs: genau wurde gefragt, ob die Reisenden ein bestimmtes Ziel hatten usw., da Berlin schon überfüllt sei.

Mit der Droschke fuhren wir nach dem Potsdamer Bahnhof, die Fahrt war wunderschön in der stillen Luft. Ich sah Berlin, an dem ich vorüber fuhr, einen Teil des Tiergartens und das Brandenburger Tor. Leider war ich zu müde, um etwaige Eindrücke mitnehmen zu können. Auf dem Potsdamer Bahnhof blieben wir bis 8 Uhr und hatten dann erst Anschluß nach Magdeburg mit einem D-Zug. Bis 5 Uhr kampierten wir in einem Eisenbahnabteil 3. Klasse, weil die Warteräume noch nicht geschlossen waren. So erlebten wir vieles, was bei normalen Reisen nicht vorkommt. Bis Magdeburg ging die Fahrt allein 2. Klasse sehr gut, unter anderen Verhältnissen hätte ich mehr Sinn für die Gegend und ihre Reize gehabt. Jetzt ging alles ziemlich spurlos an mir vorüber.

In einer Droschke fuhren wir zunächst zu Sandmanns, wo eine freudige Begrüßung stattfand. Ja, als ich vor einem Jahr die Familie in Berghof zur Bahn brachte, hatte niemand daran gedacht, daß wir hier so bald ein Wiedersehen feiern werden. Herr Sandmann ist bereits fort, in Belgien; die Frau in Sorgen um ihn, da noch ohne jede Nachricht. Wir haben ein gutes Logis.

 

Mittwoch, 26. 8. 1914

Nach langer Zeit gut geschlafen. Ich besorgte die Kleine, der die Reise auch gut bekommen

ist, ging zu Sandmanns, wo Herr v. Streng (aus Stallupönen) mit Dieter eingetroffen war. Er hofft hier eine Anstellung im Baufach zu erlangen. Nachmittags fuhren wir mit ihm durch die Stadt, wo wir die Sehenswürdigkeiten Magdeburgs in Augenschein nahmen. Überall Fahnen und Extrablätter. Namur ist in unserem Besitz! Vom Osten hört man hier nichts, da wird die Entscheidung auch noch auf sich warten lassen. Wie wird sie ausfallen? Man hofft, zu unseren Gunsten. Abends saßen wir mit Frau Sandmann und Herrn v. Streng noch ein Weilchen zusammen.

 

Donnerstag, 27. 8. 1914

Fix  mußte wieder alles zur Reise fertig gemacht werden, um 9:36 Uhr ging der Zug nach Aschersleben. Frau Sandmann und Herr v. Streng brachten uns zur Bahn. ....

Hier ändert der Krieg nichts im gewöhnlichen Leben, alles geht seinen Gang. Nur die großen Reservistenzüge sagen einem, daß etwas besonderes in der Welt los ist. ... Wir fuhren in zwei Stunden sehr gut bis Aschersleben. A. ist Fabrikstadt und hat gegen 30 000 Einwohner. In einem Omnibus fuhren wir nach Westdorf zu Pastor Eiselen, wo wir ein sehr herzliches Willkommen fanden, doppelt wohltätig für uns Flüchtlinge, die wir die Heimat verloren.

Auch meinen Ahnen, den alten Salzburgern, ist es ähnlich ergangen, nur mußten sie sich im fremden Land ihr Haus bauen und sich das neue Heim gründen, während es uns hoffentlich vergönnt sein wird, in alter Hütte ein neues Leben zu beginnen. ...

Nachdem wir bei Pfarrers Mittag gegessen, richteten wir uns in zwei Zimmern in der Mühle notdürftig ein. Betten fanden wir, und alles andere wird sich finden. Pastors sind so reizend liebenswürdig und räumen uns viel Widerwärtiges aus dem Wege. Dankbar werden wir ihrer in späteren Zeiten gedenken. ...

Heute ein Extrablatt: Die ganze englische Armee geschlagen, ebenso ein Sieg über die Franzosen.

 

Freitag, 28. 8. 1914

Nachricht von Anna. Willy ist schon dort ...

 

Sonnabend, 29. 8. 1914

Mit jedem neuen Tag wird es bei uns wohnlicher, Pfarrers sorgen rührend – man findet überall gute Menschen.

Aus Ostpreußen die Nachricht, daß 5 russische Armeekorps bei Ortelsburg zurückgeschlagen worden sind, vielleicht ein günstiges Zeichen für die Folge des Krieges zu unseren Gunsten auch im Osten. (Randbemerkung: dabei sind 70 000 Russen gefangen worden, darunter 300 Offiziere und zwei kommandierende Generäle. Die Schlacht wird in der Geschichte die „bei Tannenberg“ heißen. 1410 war es dort schon einmal blutig zugegangen.)

Die Russen sind leider schon in vielen anderen Städten, auch in Allenstein, wo ihre Fahnen wehen.

 

Montag, 31. 8. 1914

Wir leben uns immer mehr ein. Ich wünschte, ich hätte auch Zeit, die Gegend in Augenschein zu nehmen. Die Harzberge sehe ich vom Fenster aus. Das Dorf liegt an der Eine, einem kleinen Flüßchen, das in die Bode fließt. Habe es mir nicht träumen lassen, Eiselens Heimat so zu genießen, auch Merseburg und Thale liegen nicht mehr weit von hier. ...

Immer neue Siegesnachrichten kommen aus dem Westen: ein englisches Heer bei M. vernichtet, die Franzosen geschlagen, leider auch 7 Schiffe verloren, unserer Flotte wird es übel ergehen.

 

Dienstag, 1. 9. 1914

... Heute melden die Zeitungen, daß Ostpreußen von Russen frei ist. Ich glaube es nicht, wir würden sonst Nachricht von Homm haben. Neidenburg und Hohenstein sind dem Erdboden gleich gemacht. Oh Gott, welch ein Elend überall!

 

Mittwoch, 2. 9. 1914

Das Sedanfest zu feiern, ist dieses Jahr verboten. – Mir war gestern sehr schludrig, und heute liege ich an Influenza. Frau Homm  muß sich allein mit allem wissen. Es ist gräßlich, doch nichts zu machen. Eine Erkältung und die Strapazen der Reise kommen nach. ...

 

Donnerstag, 3. 9. 1914

Extrablätter brachten die Nachricht von neuen Siegen ... Der Kaiser befindet sich in der Armee des Kronprinzen! ...

 

Sonnabend, 5. 9. 1914

Wieder wehen Fahnen – neue Siege: Reims ist gefallen, es geht los auf Paris! – Pastors hatten gestern Nachricht von Jochen, er hat die Schlacht bei Tannenberg mitgemacht, ist heil und gesund. Heute schrieb ihr Sohn Wilhelm, der glücklich Longwy hinter sich hat! ...

Die Zeitungen sind des Lobes über Deutschland voll, das viel vermag, weil es einig ist. Auch das Ausland, soweit es nicht zu unseren Feinden gehört, läßt uns unseren Ruhm. Beinahe unheimlich klingen täglich nur Siegesnachrichten. Gebe Gott, es bleibt so!

 

Sonntag, 6. 9. 1914

... Noch immer treffen neue Siegesmeldungen ein: Reims ohne Kampf in unsere Hände gekommen, Belgrad von den Österreichern zum Teil in Grund und Boden geschossen, die Deutschen 40 km vor Paris! ...

 

 

Montag, 7. 9. 1914

... Der Kaiser weilt bereits auf französischem Boden. Gebe Gott, daß ihm dort kein Unglück passiert. ...

 

Dienstag, 8. 9. 1914

Endlich nach bangen Wochen von Herrn Homm eine Karte aus Lötzen vom 1. 9., ein Zeichen, daß er lebt. Post geht noch nicht nach dort, die Karte hat ein Flieger mitgenommen. Gleichfalls dann ein Brief vom 1. 9. Homm schreibt in Eile, daß sie in der Feste wohl und munter wird, daß sie nur einmal von russischer Infanterie angegriffen wurden und daß unsere Wohnung unversehrt ist. Er hofft auf baldige Fertigstellung der Postverbindung, dann hören wir mehr.

 

Mittwoch, 9. 9. 1914

Wie fruchtbar ist doch die Provinz Sachsen im Vergleich zu unserem Masuren. Alle Berghänge sind mit Obstbäumen bepflanzt, die das herrlichste Obst tragen. Sie müssen weder gedüngt noch sonst gepflegt werden. Die Früchte werden einfach geerntet, so wie bei uns die Eicheln, nur daß man das Obst für teures Geld verkaufen kann. ...

Das größte Vertrauen haben alle zu dem Befehlshaber der Ostarmee v. Hindenburg. Der Mann hat mit seinen Truppen Unmögliches möglich gemacht! ...

 

Sonnabend, 12. 9. 1914

Ein Extrablatt brachte die Nachricht von einem Sieg bei Lyck. Somit sind die Russen wieder in Masuren. Wie oft werden sie dort noch hausen, bis es uns gelingt, sie dauernd unschädlich zu machen! ...

 

Sonntag, 13. 9. 1914

Brief von Anna, Willy hofft, bei einer Schule anzukommen. Wer weiß, was die Regierung über ihn und Krüger beschließt. ...

 

Montag, 14. 9. 1914

Wehmut zieht durchs Herz, wenn man so an die letzten Jahre denkt und all die Geburtstage, die wir in Berghof gefeiert haben. Ach, es gibt für mich da solche und sone Erinnerungen. Gottes Fügung ist es gewesen, daß ich fort ging. Sobald sollte der Tag kommen, daß ich dieses einsehe! ...

 

Dienstag, 15. 9. 1914

Fern der Heimat im schönen Thüringen feiere ich in diesem Jahre meinen 42. Geburtstag. Dankbar bin ich Frau Homm, die mir alles so schön gemacht hat, wie ich es seit vielen Jahren gewöhnt war. Eine Torte zierte den schön geschmückten Tisch, schöner Stoff zur Bluse erfreute mich, und sogar das Kränzchen um die Tasse fehlte nicht. Gott, wie schön habe ich es noch im Vergleich zu vielen, vielen anderen! ...

Fr. Homm hatte drei Briefe aus Lötzen, welche Freude für uns alle. Nur Gutes schreibt Herr Homm, die Stadt ist unversehrt! Beschütze Gott auch weiter alles! ... Herr Homm hat eine Dienstreise im Auto durch alle Ortschaften an der Chaussee bis Lyck gemacht und eine andere über Jucha und Widminnen. In Berghof fand er alles unversehrt, Bouvain war mit Frau dort geblieben und ihnen ist es wohl zu verdanken, daß alles steht und nichts geplündert wurde. Die Kosaken schleppten aber alles Eß- und Trinkbare fort, ebenso alle Pferde und alles Vieh, bis auf wenige Stück. Den Geldschrank versiegelten sie!
In Ranten haben sie (die Russen) das Wohnhaus abgebrannt, es stehen nur die Mauern. Jucha ist vollständig abgebrannt – das Gut! In Kl. Gablick haben die Russen gehaust, aber nichts verbrannt und nichts zerschlagen, dafür bei Kemkes alles zertrümmert. ... Wie mag es im Pammerer Schulhaus aussehen? ...

 

Mittwoch, 16. 9. 1914

An Tilly schrieb ich eine Karte und bat sie um drei Exemplare der Ostpreußischen (Zeitung) vom 15. Sept. Herr Homm hatte seine Reise von Lötzen nach Lyck am 10. beschrieben und sie der Zeitung zum Abdruck geschickt. Wir lasen sie gestern. Ja, was werden Bouvains da alles erlebt haben und zu erzählen wissen! Der Mut, dort zu bleiben ist ja zu bewundern und – hätte ich es nicht auch getan, wenn ich dort gewesen und alles beim Alten geblieben wäre?

 

Dienstag, 22. 9. 1914

Frau Homm hatte Nachricht von Herrn v. Streng. Er schrieb, daß er nach Hause will, über Königsberg und bei Borko zur Nacht. Wir erhalten dann einen ausführlichen Bericht, wie es in Berghof aussieht. Ach möchte mir doch jemand bald etwas über Pammern schreiben! Von Herrn Homm und Bouvains erhielt ich aus Berghof einen Glückwunsch zum Geburtstag. Am 15. ist er dort gewesen. ...

 

Donnerstag, 24. 9. 1914

Von Anna ein Brief ... Willy hat schon Lust, heim zu fahren und zu sehen, was die Russen uns gelassen ...

 

Freitag, 25. 9. 1914

... Die Russen scheinen in Pammern nichts verwüstet zu haben. Herr Kammers Vater war dort und berichtete. Über das Schulhaus fehlt allerdings jede Nachricht. Der Verwalter und vier Instleute waren dort geblieben. ... Man sieht mit Bangen den kommenden Ereignissen im Westen entgegen – wir werden siegen, aber die Opfer, die dieser Sieg noch fordern wird!

 

Sonnabend, 26. 9. 1914

Heute mein Einsegnungstag, er ruft Erinnerungen aus einer Zeit wach, die nun 28 Jahre hinter mir liegt. ... Von Herrn Homm vom 11. September eine Karte aus Angerburg. „Die Perle Rußlands“ haben die Russen die Stadt genannt, was müssen die für Nester haben? Diese Unverschämtheit – die Perle Rußlands!

 

Sonntag, 27. 9. 1914

... Frau Kemke schickte uns gestern einen Brief von Herrn Kemkes Eintreffen in Widminnen und was er da von den Verwüstungen der Russen alles gesehen hat. Es spottet einfach jeder Beschreibung. Herr Kemke berichtet: unser Geschäft ist vom Feuer verschont, in den Zimmern herrscht aber das Grauen. Alle Möbel sind durcheinander geworfen, alle Schränke und Schubladen geöffnet, ihr Inhalt auf dem Fußboden verstreut. In allen Stuben einzelne Bettstücke auf der Erde ...

... Wer weiß, was sie uns in Pammern ganz gelassen haben. Mit am meisten würde es mir um mein Tagebuch leid sein.

 

Montag, 28. 9. 1914

Meine Mutter sagte immer: Wie Du glaubst, so Dir geschieht. Ich glaube auch an Bestimmung ...

 

Dienstag, 29. 9. 1914

Borko schrieb an Frau Homm, daß wir an die Heimreise noch nicht denken können, bevor die Sache in Österreich nicht entschieden ist.  ... Dorchen bekam ihr zweites Zähnchen.

 

Mittwoch, 30. 9. 1914

Acht Wochen tobt nun schon der Kampf, und wie lange wird er noch dauern? ...

 

Donnerstag, 1. 10. 1914

Herr v. Streng teilte Frau Homm ihre glückliche Heimkehr mit. Sie gehören zu den Glücklichen, die ihr Heim unverwüstet gefunden haben, was nur wenigen beschieden ist. Wie mag es in Pammern aussehen?

 

Sonnabend, 3. 10. 1914

Von Anna die frohe Nachricht, daß unser Heim unversehrt. Die Russen haben drinnen zwar gehaust, aber nur eine Tür und einen Tisch zerbrochen. ...

Willy und Anna denken schon an die Heimreise, und ich will nicht abreden. Sie können nun Kartoffeln und Gemüse noch ausnehmen. Daß die Russen noch mal kommen, ist vielleicht auch nicht zu befürchten.

 

Sonntag, 4. 10. 1914

... Herr Homm schrieb an seine Frau, daß die Lage im Osten sehr ernst sei, Lötzen überaus stark befestigt wird, demnach doch stark mit einer Wiederkehr der Russen gerechnet werden  muß. ... Ein Extrablatt brachte die Nachricht des Sieges bei Augustowo über zwei russische Armeekorps. ...

 

Dienstag, 6. 10. 1914

Herr Homm schrieb wieder allerlei. Auf Grund der großen Armeen, die in Russland auf

unsere Grenzen zogen, flüchtete wieder alles, noch bevor die Schlacht bei Augustowo geschlagen war. Auch Bouvains verließen Berghof und trafen mit Kisten und Kasten bepackt in Lötzen ein. ...

 

Freitag, 9. 10. 1914

Frau Bouvain schrieb mir aus Lötzen, wohin sie mit Mann und Kindern geflohen sind. Die Russen sind abermals in Lyck, Depeschen melden es in den Zeitungen. ...

 

Sonnabend, 10. 10. 1914

... Antwerpen ist nach 12-tägiger Belagerung gefallen. Der König und die ganze Besatzung geflohen! ...

 

Donnerstag, 15. 10. 1914

Extrablätter brachten die Nachricht, daß die Russen gestern wiederum den Versuch machten, Lyck zu nehmen. Gottlob konnten sie zurück geschlagen werden, weiß Gott für wie lange. ...

 

Donnerstag, 22. 10. 1914

Frau Kammer schrieb mir, daß sie Pammern aufgegeben haben ...

Herr Homm schickte eine Ansicht vom Lycker Markt aus gesehen. Die Kirche und die daneben stehenden Häuser zerschossen, kein Fenster ist ganz, alles ausgebrannt. ...

 

Sonnabend, 31. 10. 1914

Nun dauert der Krieg schon ¼ Jahr, und wie weit werden wir sein, wenn ein weiteres ¼ Jahr dahin gegangen ist? ...

 

Dienstag, 3. 11. 1914

Durch Herrn Homm hörten wir, daß unsere Truppen vor Warschau zurückgehen mußten, weil die Österreicher nicht zur rechten Zeit dort sein konnten. Schade, nun verzögert sich die Entscheidung um Wochen. ... Vom Westen nichts Neues . Hartnäckig wird weiter auf beiden Seiten gekämpft ...

 

Donnerstag, 5. 11. 1914

Herr Homm schrieb das Erfreuliche, daß zu erwarten ist, daß Italien dem alten Bündnis treu bleibt. Die Türkei steht bereits im Krieg mit dem Dreibund ...

 

Dienstag, 10. 11. 1914

Von Herrn Homm hörten wir, daß die Russen gen Marggrabowa ziehen. Da wird Willy dann auch nicht mehr lange in Pammern bleiben.  

10 Jahre sind es heute her, daß unser geliebter Vater die Augen für immer schloß. Ihm ist so wohl in Pammerns kühler Erde, während überall das Kriegsgetümmel wogt! --

 

Donnerstag, 12. 11. 1914

Nachrichten vom 6. 11. von Herrn Homm:  Lyck brannte, unser Militär hatte sich auf Jucha-Skomatzko-Arys zurückgezogen. Wie mag Berghof und Pammern davongekommen sein?

 

Sonntag, 15. 11. 1914

Dorchen feiert ihren ersten Geburtstag. Die Kinder haben es in dieser schweren Zeit am besten, sie wissen nichts vom Elend, das über uns hereingebrochen ist.
Herr Homm schreibt auch von all den Flüchtlingen, die wieder durch Lötzen ziehen, dazu jetzt die Kälte! Die Russen stehen bei Przykopp und Eckersberg. Es scheint also nicht gelungen, sie aufzuhalten! ...

 

Montag, 16. 11. 1914

... Seit Freitag ist Wilhelm glücklich bei ihnen (Anna und Kinder) gelandet. Ich bin froh, daß ich weiß, wo er ist.- Leider weiß er nicht, wo mein Tagebuch ist, er konnte es nicht finden. Ich bin traurig über diesen Verlust. Es wäre mir nicht angenehm, daß das, was ich den Blättern anvertraut, von unbefugten Augen gelesen wird, allerdings wird das Wesentliche anderen unverständlich sein. ...

 

Dienstag, 17. 11. 1914

Herr Homm berichtet, wie traurig es in unserer Heimat aussieht, viel trauriger als beim ersten Russeneinfall im August. Die Kälte setzt den armen Flüchtlingen hart zu, es ist ein Herz zerbrechendes Elend überall. Die Russen stehen bei Przykopp und Staßwinnen, ein Durchbruch nach Lötzen hin wird ihnen hoffentlich nicht gelingen. Das ist ja auch genügend befestigt, um Widerstand leisten zu können. Wie wird Pammern fortgekommen sein? ...

 

Donnerstag, 19. 11. 1914

Herr Homm schreibt: die Fenster klirren, man sieht am Abend viele Feuerscheine von in Asche aufgehenden Dörfern und Gehöften. Die Russen wollen die Festung belagern, es wird hoffentlich nicht dazu kommen!

 

Montag, 23. 11. 1914

Von Herr Homm keine erfreulichen Nachrichten. Die Russen fangen an, die Befestigungen der Festung zu erobern. ... Die Russen nahmen die sehr befestigte Stellung von Seehöhe und beschießen die Paprodtker Berge. ... Frauen und Kinder haben die Stadt bereits verlassen. ... Strengs sollen am 20. November Lötzen verlassen haben!

 

 

 

Dienstag, 24. 11. 1914

Gestern der erste Schnee, und heute versuchte Ernst mit den Kindern eine Schlittenfahrt, er war selig. Die Kinder entwickeln sich prächtig und sind unsere Freude in der schweren Zeit.

 

Sonnabend, 28. 11. 1914

Herr Homm schrieb, daß die Russen schon Przykopp hatten. Der Landsturm leistete da keinen Widerstand, dann kamen die aktiven 33er und warfen die Russen wieder heraus! ...

 

Sonntag, 29. 11. 1914

... Frau Rievers schrieb an Frau Homm, sie sind alle in Langfuhr bei ihrer Schwester gut geborgen. ...

 

Montag, 30. 11. 1914

... Herr Homm schreibt, daß das Einkreisen der Russen beginnt!

 

Montag, 7. 12. 1914

Mir war ganz eigen zumute, als ich meinen alten schwarzen Kasten vor mir sah, unversehrt, Trotzdem ich die Nachricht erhalten hatte, daß die Russen ihn zertrümmert hatten! Sein Inhalt erfreute mich sehr, obwohl manches Stück fehlte. Ich habe doch viel mehr als andere und das kann ich nur den braven Leuten Walendy verdanken, besonders der Frau, die den Kosaken wehrte, als sie unsere Habe vernichten wollten. Leid tut es mir, daß mein ganzes Tagebuch verschwunden ist, 18 Jahrgänge, nur ein kleiner Bruchteil ist da, und selbst dieser durch Zerreißen der Mitte vernichtet. ...

 

 

Donnerstag, 10. 12. 1914

Meine gute Mutter wäre heute 79 Jahre alt, wie gönne ich ihr die Ruhe! ...
Von Rievers ein lieber Brief. Ich hatte mich der Feuerversicherung wegen an ihn gewandt, nun wies er mich nach Königsberg an die Agentur. ...

Freitag, 11. 12. 1914

... Unsere Lore wird heute 6 Jahre alt. Als sie erschien, war ich seit Oktober von Berghof fort und da gerade von einer schönen Besuchsreise Königsberg - Insterburg zurückgekehrt.

 

Donnerstag, 17. 12. 1914

Gestern schrieb Herr Homm, daß Urlaub zu erhoffen sei. Wir haben ihn dann am 22. hier! ...

 

Sonnabend, 19. 12. 1914

... Das liebe Dorchen fängt an zu gehen am Stuhl. ...

 

Montag, 21. 12. 1914

... Am Abend traf Herr Homm überraschend ein. Er wußte viel zu erzählen. Die Russen stehen vor Lötzen. ...

 

Mittwoch, 23. 12. 1914

Erinnerungen steigen heute auf an die letzten Jahre in Berghof. ... 1911 und 1912 waren wir in Lötzen bei Homms und feierten dort ... Ich schrieb an Rievers.

 

Donnerstag, 24. 12. 1914 (Heiligabend)

Frau Homm geht es schon so gut, daß sie heute alles allein machen konnte, was zum Heiligen Abend nötig ist. ... Der kleine Baum war bald geschmückt, und um 5 Uhr war Bescherung. ...
Erinnerungen aus früherer Zeit stiegen in mir auf – ich sah den Baum im Elternhaus – bei Saleckers in Berghof – zu Hause in Jucha und in Pammern.

 

Sonnabend, 26. 12. 1914 (2. Weihnachtsfeiertag)

Von Anna und den Kindern (Lotte, Else, Karl, Lore) liebe Briefe

 

Dienstag, 29. 12. 1914

Vor 14 Jahren machte ich heute Herrn v. Frankensbergs Hochzeit mit; alle Aufzeichnungen darüber sind dahin. Es war damals eine schwere Zeit für mich in Gumbinnen ...
Frau Homm begleitet ihren Mann morgen nach Leipzig, wo er einen verwundeten Korpsbruder besucht. ...

 

Neujahr, 1. 1. 1915

Homms machten eine Harztour und brachen ziemlich früh auf. ...
Ernst fiel von der Sofalehne herunter ...

 

Sonntag, 3. 1. 1915

Herr Homm verließ uns heute  ...

 

Dienstag, 5. 1. 1915

... Vor 12 Jahren war ich in Königsberg bei Frankenbergs. – Das Wandern nahm in Berghof ein Ende, und heute stehe ich wieder davor und sehne mich doch so nach endlicher Ruhe!

 

Freitag, 8. 1. 1915

Herr Homm schrieb, daß wieder große Truppentransporte nach dem Osten beginnen. Es

scheint die Absicht vorzuliegen, die Russen heraus zu treiben ...

 

Sonnabend, 9. 1. 1915

Post aus Lötzen ... Frau Rievers war mit den Kindern zum Heiligabend nach Lötzen gekommen, und als die Granaten vom ersten Feiertag ihren Köpfen nicht geschadet hatten, blieben sie. ...

 

Montag, 11. 1. 1915

Frau Homm fängt an, über Schmerzen im Bein zu klagen, sieht elend und traurig aus ...

 

Dienstag, 12. 1. 1915

... Frau Homm klagt weiter über Beschwerden im kranken Bein, ich sehe mich noch nicht in Berlin ...

 

Sonnabend, 23. 1. 1915

... abends kam die Nachricht von Anna, daß Wilhelm am 21. eingezogen wurde und sich in Allenstein melden muß, trotz des Unabkömmlichkeitsscheins!

 

Dienstag, 26. 1. 1915

Gestern schrieb Homm, daß Herr von Streng auch eingezogen ist, so hat es ihn auch ereilt. ...

Von Anna die Nachricht, daß Willy schon eingekleidet ist und bereits übt. ... Es wird für den älteren Mann auch nicht mehr leicht sein, Gewehrgriffe zu üben

 

Mittwoch, 27. 1. 1915

Wilhelm sandte ich einen Kartengruß, er ist nun Landsturmmann, wie wird es ihm behagen? ...

 

Donnerstag, 28. 1. 1915

... Herr v. Streng schickte mir den Schein über die Hinterlegung meines Kontobuches N. 251 über 4270 M, was mir sehr angenehm ist. ...

 

Montag, 1. 2. 1915

... Heute vor 14 Jahren zogen Anna und Willy in Pammern ein ...

 

Dienstag, 2. 2. 1915

Vor einem Jahr zogen Strengs in Berghof ein ...

 

Montag, 8. 2. 1915

Heute vor 4 Jahren feierten wir Homms Hochzeit in Berghof – niemand ahnte, was uns und auch mir die nächste Zukunft bringen sollte. Willy als heimlicher Bräutigam ...

 

Mittwoch, 10. 2. 1915

... Alles Getreide und Mehl ist im Deutsche Reich von der Regierung beschlagnahmt worden. ... In jedem Haushalt darf nur ½ Zentner Mehl vorrätig sein, Brot darf nur 4 Pfund wiegen und pro Kopf in jeder Woche nur 4 Pfund verbraucht werden.

 

Donnerstag, 11. 2. 1915

Heute Nachricht von Willy, es geht ihm gut, er hat sich eingelebt. ...

Mit Ernstchen machte ich heute nach langer Zeit einen kleinen Spaziergang. Die Kinder sind wieder vergnügt und munter.

 

Sonnabend, 13. 2. 1915

Schon gestern Abend läuteten in den Städten die Glocken, und Extrablätter verkündeten den großen Sieg und die zweite Befreiung unserer Heimat von den Russen.

 

Sonntag, 14. 2. 1915

... Von Herrn Homm die Nachricht, daß wir Ende Februar eventuell nach Hause könnten.

Neuhoff war am 10. schon vom Feinde frei und war unversehrt, dagegen sollen sie Widminnen angesteckt haben ...

 

Mittwoch, 17. 2. 1915

Anna schrieb von Willy die Nachricht, daß er nur garnisondienstfähig sei und jetzt zum Schutz der Bahn bei Braunsberg weilt! Ich bin froh, man zitterte doch für den Vater kleiner, unerzogener Kinder. – Anna schrieb immer wieder, wie gut es den Kindern in der Schule geht und wie sie sich freut, daß ich nach Lötzen ziehen und die Kinder zu mir nehmen will. ...

 

Freitag, 19. 2. 1915

... Homm schrieb mir, ich soll schleunigst nach Berlin und dann heim!

 

Sonntag, 21. 2. 1915

Um ¼ 9 begab ich mich auf den Weg, kam zeitig in Aschersleben an und fuhr nach Berlin, wo mich auf dem Bahnhof Friedrichstraße Emma und Alfred Richter empfingen. Nun war ich aller Sorge enthoben, wie ich nach Kaulsdorf herauskomme. – Wir gingen zu Agnes, die Unter den Linden 16 wohnt und ruhten ein wenig aus. Dann fuhren wir mit einem Vorortzug nach Sadowa, und von da durch ein Wäldchen nach Kolonie Kaulsdorf, wo Bechler sich ein nettes Häuschen gebaut hat. Das Wiedersehen mit der alten Tante war ein bewegt freudiges.

 

Montag, 22. 2. 1915

Nachdem ich an Herrn Prange einen langen Brief geschrieben hatte, aßen wir Mittag, und ich fuhr mit Kurt nach Berlin. ...

 

Dienstag, 23. 2. 1915

Am Vormittag besah ich mir die Schlösser und das Nationaldenkmal ... Im Zeughaus fand ich dann manches Bewundernswertes ... Bei Agnes aß ich Mittag und fuhr dann mit Kurt nach Kaulsdorf ... Lieschen hat an mich eine Karte geschrieben, nun muß ich morgen mal sehen, was bei Schneiders los ist ...

 

Sonntag, 28. 2. 1915

Alfred brachte mich zur Bahn, wann werde ich sie alle wieder sehen? In Magdeburg empfingen mich Frl. Strehl und Else und ... Am Nachmittag wollte mir Frau Sandmann die Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen. Ein Schneesturm setzte ein, und wir flüchteten in den Kreuzgang des Doms ... Um 4:48 Uhr fuhr ich gen Aschersleben ... Groß war die Freude aller, als ich wieder da war.

 

Montag, 1. 3. 1915

Wir packen schon sehr und denken an den Aufbruch. ...

 

Dienstag, 2. 3. 1915

Schon in der Nacht fiel es uns auf, daß Ernst fieberte, und heute wurden wir davon überzeugt, daß die Masern, die hier überall herrschen, im Anzug sind. Nun können wir wieder einige Wochen hier bleiben, mit denen wir nicht gerechnet hatten! Ernst hat hohes Fieber, ist aber sehr vergnügt; am Ende sind es gar nicht die Masern!

 

Mittwoch, 3. 3. 1915

Ernst fiebert etwas, ist aber sehr vergnügt ...

 

Donnerstag, 4. 3. 1915

Es scheint, als wenn die Russen sich der Verfolgung energisch entgegenstellen – schenke Gott der gerechten Sache den Sieg! ... Ernsts Zustand ist merkwürdig ...

 

Sonntag, 7. 3. 1915

Heute vor drei Jahren fuhr ich mit Anna nach Königsberg, da begann ihre erste Leidenszeit. ... Der Ostpreußischen Bank in Allenstein machte ich die Mitteilung, von meinem Guthaben 4000 M Kriegsanleihe zu zeichnen. So trage auch ich etwas dazu bei, daß das Vaterland widerstandsfähig bleibt. ...

 

Montag, 8. 3. 1915

... Seit heute sind auch hier Brotkarten verteilt, nach denen man pro Kopf und Woche 2000 g Brot oder Mehl erhält. ...

 

Mittwoch, 10. 3. 1915

Den Kindern geht es gut. Ihretwegen könnten wir reisen, der Frost, heute früh -10°, läßt es nicht dazu kommen, es wäre zu gewagt.

 

Donnerstag, 11. 3. 1915

Am Vormittag kam von Herrn Homm ein Telegramm, daß wir kommen sollen. Frau Homm entschloß sich kurz, und wir fahren morgen. ...

 

Freitag, 12. 3. bis Sonntag, 14. 3. 1915

... Der Wagen brachte uns mit all dem vielen Gepäck glücklich nach Aschersleben. In Berlin war es schwer mit dem Umsteigen, ... und um 11 Uhr ging es in die Heimat.- Die Kinder schliefen ... Als wir nach Thorn kamen, war es schon hell, und ich konnte die große Weichselbrücke sehen. Vor Allenstein  mußte der Zug lange halten, der vielen Militärtransporte wegen. Zum Glück fanden wir in Korschen gleich Anschluß und konnten gleich weiter nach Lötzen. Schon in Korschen sah man die ersten Spuren russischer Verwüstung. ... In Lötzen erwartete uns Herr Homm ... und im Wagen fuhren wir heim. Dort war alles wie wir es verlassen hatten. ...

 

Montag, 15. 3. 1915

Man könnte sagen: Kriegstagebuch, denn es wird noch manches weltgeschichtliche Ereignis in diesem Buch verzeichnet werden. ...

 

Dienstag, 16. 3. 1915

... Bei Rievers fand ich alles unverändert, und Frau Rievers lud mich für lange ein, wenn ich von Homms gehe; ich nahm es mit Dank an. Auch Herr Kemke sagte mir, daß in Widminnen im Kemkeschen Haus für mich immer Raum ist, das freut. ... Am Nachmittag ging ich mit Frau Homm den Hindenburg  sehen, was uns auch gelang. Wir sahen ihn langsam und bedächtig aus dem Auto steigen ...

 

Sonnabend, 20. 3. 1915

... ich sehne mich nach einer Lebensaufgabe und fühle es täglich mehr, wie übrig ich hier bin ... Dann schrieb mir Schwager Wilhelm, daß es ihm gut geht und daß er auf einen Osterurlaub hofft.

 

Sonntag, 21. 3. 1915

Herr Ernst v. Streng schläft nun schon 10 Jahre ...

Montag, 22. 3. 1915

... Mit Homms einigten wir uns dahin, daß ich von heute ab hier Gast bin. -

 

Donnerstag, 25. 3. 1915

Vor 41 Jahren war in Rostken große Freude, da wurde der Sohn geboren und heute – vielleicht liegt er schon, fürs Vaterland gefallen, auf dem Boden Afrikas. ...

 

Sonnabend, 27. 3. 1915

Herr Homm sagte, ich soll bleiben, bis es Frieden gibt. Das kann ich nicht annehmen und werde hoffentlich noch eine andere Unterkunft finden. – Frau Möller-H. schrieb, ich soll schon morgen zu ihnen kommen und für länger. Ich schrieb ihr gleich, daß ich später der Einladung folgen kann.

 

Montag, 29. 3. 1915

... Die Ascherslebener Bank schrieb mir, daß sie 1009,10 M nach Lötzen überwiesen hat. ...

 

Mittwoch, 31. 3. 1915

Am Vormittag gingen wir mit Ernst und Dorchen in die Stadt ...

 

Ostersonntag, 4. 4. 1915

... Ich war am Vormittag in der Kirche und hörte dort eine gute Predigt – nur das Organ von Trinker versagt. ...

 

Ostermontag, 5. 4. 1915

... Ernst wurde krank, der Arzt glaubt, es wären Masern im Anzug ...

 

Dienstag, 6. 4. 1915

... Ernst hat nun doch die Masern ...

 

Donnerstag, 8. 4. 1915

Unsere Schwester Lieschen wäre heute 41 Jahre, wäre sie noch bei uns. ...

 

Freitag, 9. 4. 1915

... Borkos feiern heute den 14. Hochzeitstag ...

 

Sonntag, 11. 4. 1915

Es war auch ein Sonntag, jener 11. April, an dem meine Schwester Lieschen von uns ging – vor 29 Jahren ...

 

Freitag, 16. 4. 1915

... Um 11 Uhr fuhr ich nach Widminnen ... Kemkes Haus sieht schon ganz manierlich aus.

 

Freitag, 23. 4. 1915

Dorchen hat über Nacht die Masern bekommen. ...

 

Sonnabend, 1. 5. 1915

.... Willy hat 500 M Vorentschädigung erhalten und in Pammern noch Egge und Kultivator gut erhalten vorgefunden. ...

 

Montag, 3. 5. 1915

Frau Kemke lud mich nach Widminnen ein für längere Zeit – vielleicht werde ich davon noch Gebrauch machen ...

 

Donnerstag, 6. 5. 1915

Des Kronprinzen Geburtstag, auf unserem Dach weht eine von mir genähte Fahne. -
Mittags fuhr ich mit Strengs nach Berghof ... Das abgebrochene Gehöft macht einen traurigen Eindruck, die auf dem Hofe errichteten Buden und Einrichtungen der Russen sind interessant. Das Haus sieht furchtbar aus, überall die Spuren sinnloser Vernichtung. Einige Möbel sind ja vorhanden, doch ist jedes Stück beschädigt. Brennerei und Meierei gänzlich demoliert, interessant das dort eingerichtete Dampfbad und ebenso eins in der Nähe des Sees. ... Im Gemüsegarten hatten sie Unterstände für Pferde errichtet und den ganzen unteren Teil mit Ziegeln gepflastert. Sie hatten keine Ziegel, sie wussten sich zu helfen: Der Brennerei-schornstein wurde gesprengt. Er verschüttete auch gänzlich den Brunnen dort, in dem der silberne Tafelaufsatz und einige silberne Leuchter versenkt sind! -...

 

Sonnabend, 8. 5. 1915

Am Vormittag ging ich nach Neuhoff, wo es noch recht wüst aussieht. In der Schule waren ungefähr 20 Russen mit Scheuern und Fensterreinigen beschäftigt. ... Die Kirche ist wenig beschädigt ... Ich besuchte die Neuhoffer Kapelle ... Nachmittag fuhr ich ab ... Bei Homms in Lötzen wurde ich freudig von allen begrüßt ...

 

Sonntag, 9. 5. 1915

Frau Möllerchen schrieb mir, ich soll bald kommen ...

 

Montag, 10. 5. 1915

Homms haben den Entschluß gefasst, morgen nach Berghof zu fahren ...

Ernst ist sehr unartig und gehorcht nur, wenn die Peitsche in Sicht ...

Freitag, 14. 5. 1915

... Der letzte Tag bei Homms verging mit Stopfen und Nähen schnell ...

 

Sonnabend, 15. 5. 1915

... Schwer wurde mir das Fortgehen von den Menschen, mit denen ich bald ein Jahr Leid und Freud geteilt ... In Tolksdorf erwartete mich ein gutes Fuhrwerk ... und in Junkerken wurde ich mit alter Herzlichkeit begrüßt. Ein reizend gemütliches Zimmer nahm mich auf ...

 

Sonntag, 16. 5. 1915

... Bleiben soll ich hier, solange ich will und kann. ...

 

Montag, 17. 5. 1915

... Ich wurde gewogen, 117 Pfund, man hofft, mich durch Milch wieder hoch zu bringen. ...
Am Nachmittag machte ich mit Möllers einen schönen Spaziergang nach den Karpfenteichen.

 

Dienstag, 18. 5. 1915

... Herr Möller wurde heute in Rastenburg gemustert und zur Infanterie angesetzt. Er gehört zum ungedienten Landsturm und ist 44 Jahre alt.

 

Donnerstag, 20. 5. 1915

... Von Anna ein kurzer Brief; es geht allen gut. Willy ist Gefreiter geworden und kommt wohl bald an die Front! ...

 

Pfingstsonntag, 23. 5. 1915

Wann wird der Tag kommen, wo ich mit den Meinen in Pammern ein ruhiges Pfingstfest feiern werde? ...

 

Freitag, 28. 5. 1915

Rückfahrt nach Lötzen ... Mit Herrn Möller fuhr ich mit Fuhrwerk nach Rastenburg  ...
So sehr überrascht war Frau Homm nicht, daß ich gekommen war ... Gemütlich saßen wir bei Homms mit Rievers und ... noch lange zusammen. ...

 

Sonntag, 30. 5. 1915

... Homms fuhren nach Milken – Przykopp – Marczinawolla – die russischen Stellungen besehen. Von letzteren Ortschaften ist kaum etwas zu sehen, Przykopp ganz vom Erdboden verschwunden ... Ich trank bei Rievers Kaffee ...

 

Montag, 31. 5. 1915

... Der Abschied von Homms fiel uns schwer ... Beim Einsteigen begrüßte ich noch Frau Müller ... In Tolksdorf war ein Fuhrwerk und gut kamen wir heim ...

 

Freitag, 4. 6. 1915

Meines lieben Vaters Geburtstag, 80 Jahre würde er werden ...

Wilhelm ist anscheinend weiter in Braunsberg geblieben ...

 

 

Sonntag, 6. 6. 1915

Nach dem Kaffee fuhren wir nach Heiligelinde, dem katholischen Wallfahrtsort mit der herrlichen Kirche ...

 

Montag, 7. 6. 1915

... ein Brief von Martha, der mir leider sehr traurige Nachrichten brachte ... Onkel Kolbe hat einen erneuten Schlaganfall gehabt und kann nicht sprechen.

 

Donnerstag, 10. 6. 1915

Ich helfe Frau Möller Wäsche ausbessern und habe das kleine Albertchen viel bei mir ... Abends machte ich mit Frau Möller einen schönen Spaziergang Rössel zu ...

 

Sonnabend, 12. 6. 1915

... ein Telegramm von Martha, daß Onkel sanft entschlafen ist. Ich fahre morgen zum Begräbnis und gedenke einige Wochen bei ihr zu bleiben. ...

 

Montag, 14. 6. 1915

Um ½ 8 Uhr früh begab ich mich auf den Weg nach Tolksdorf ... Man sah, daß die Gegend hinter Korschen schon etwas Regen bekommen hatte, und in Insterburg war noch mehr davon zu spüren, auch stehen die Felder hier besser als in Masuren. Schweren Herzens kam ich in das Trauerhaus, wo mir sonst Onkel und Tante liebevoll entgegen kamen. ...

 

Mittwoch, 16. 6. 1915

Heute sind es 26 Jahre her, da weilte ich mit meinem lieben Vater hier ...

 

Freitag, 18. 6. 1915

... aus der zurückgekommenen Karte erfuhr ich, daß Wilhelm von Braunsberg fort ist und hoffentlich frei kam.

 

Dienstag, 29. 6. 1915

... eine Karte von Anna, daß Willy frei gekommen ist. ... bald  muß ich auch Martha verlassen und Gott weiß, wann und ob ich wieder mal so in Ruhe hier sitzen werde.

 

Donnerstag, 1. 7. 1915

... Anna schrieb, Wilhelm fuhr am 30. ab, sie wäre gern mitgefahren, doch ging es wegen Else nicht, die immer noch krank ist ...

 

Sonntag, 4. 7. 1915

... von Anna eine Karte: Willy unterrichtet in Talken ... und wird nun auch im Dorf wohnen. Später soll in Ranten eingerichtet werden ...

 

Dienstag, 6. 7. 1915

Vor 7 Jahren schloß meine Mutter ihre Augen in Pammern für immer ...

 

Freitag, 9. 7. 1915

1893 brannten heute die beiden großen Insthäuser in Rostken ab; eine schwere Zeit begann damals für mich, das Kochen für die 80 Menschen 5 Wochen hindurch ...
die Tage gehen schnell dahin, am 26. will ich fort ...

 

 

 

Dienstag, 20. 7. 1915

Von Anna Nachricht, den Kindern geht es besser, seit Sonntag ist Willy dort und Anna will ihn nach Talken in drei Wochen begleiten ...
Ich schrieb an Frau Krebs wegen eines möblierten Zimmers und hoffe, daß sie mich und die Kinder aufnimmt, wenn wir Erlaubnis bekommen, in Lötzen wohnen zu dürfen. ...

 

Montag, 26. 7. 1915

Bei strömendem Regen machte ich am Vormittag einige Abschiedsbesuche. ... Als mich Martha zur Bahn begleitete, wurde es schön, und als ich in Tolksdorf ausstieg, schien die Sonne. ... Frau Möllerchen war mir ein Stück entgegen gekommen.

 

Donnerstag, 5. 8. 1915

... endlich ein Brief von Homms und dazu die Nachricht, daß wir nach Lötzen ziehen dürfen. Wie glücklich wird Anna sein! Nun kommt die Sorge mit der Wohnung. ...

 

Freitag, 6. 8. 1915

... zur Bahn nach Lötzen ... Auf dem Bahnsteig begrüßte mich die ganze Familie Homm ...

 

Sonnabend, 7. 8. 1915

... ich begab mich am Nachmittag auf Wohnungssuche, ohne etwas zu finden ...

 

Sonntag, 8. 8. 1915

... Bei Rievers waren wir im Garten ...

 

Mittwoch, 11. 8. 1915

Schon früh begab ich mich auf Wohnungssuche und fand auch glücklich ein Zimmer, allerdings drei Treppen hoch, aber mit Gas-Zentralheizung und Badeeinrichtung.

 

Sonnabend, 14. 8. 1915

Von Frau Rievers bekam ich eine alte Chaiselongue geschenkt und für Anna ein feines Winterkleid für den Alltag. ... Wenn man immer für vier Kinder sorgen  muß, bleibt wenig für sie selbst übrig. ... Abends erschien Willy, er hatte geglaubt, Anna kam schon gestern ...

 

Sonntag, 15. 8. 1915

... Am Nachmittag ging ich mit Frl. Rievers bis Sulimmen ...

 

Montag, 16. 8. 1915

Um 7 Uhr zog ich in mein Heim ein ...
Für Willy holte ich 1400 M Vorentschädigung ...
Bei Reuter kaufte ich den Anfang für meine Wirtschaft ...

 

Freitag, 20. 8. 1915

... Anna und die Kinder trafen wohlbehalten ein, welch eine Freude des Wiedersehens nach mehr als einjähriger Trennung! ...

 

Sonnabend, 21. 8. 1915

... Der Tag verging mit Einräumen, anmelden und allen möglichen Gängen ...

 

Sonntag, 22. 8. 1915

Nach dem Mittagessen fuhren Willy, Anna, Else und Karl nach Widminnen, um Einkäufe zu machen.

 

Montag, 23. 8. 1915

... Anna meldete die Mädels zur Schule an ...

 

Sonnabend, 28. 8. 1915

Zur Feier der ersten Wiederkehr des Tages von Tannenberg hatte die Stadt reich geflaggt. Abends brachte sie Hindenburg einen Fackelzug ...

 

Sonntag, 29. 8. 1915

... Vormittag packte ich mit Anna die von Neustettin angekommenen Sachen aus und ein ...

 

Dienstag 31. 8. 1915

... Nachmittag brachten wir Anna zur Bahn – die Kinder sind ganz munter, sie haben ihre Arbeit, darüber wird die Mutter bald vergessen ...

 

Sonnabend, 5. 9. 1915

... Von Anna ein kurzer Brief, sie hat Pammern in sehr traurigem Zustand gefunden ...

 

Donnerstag, 9. 9. 1915

... Den Kindern geht es in der Schule sehr gut ...

 

Sonnabend, 11. 9. 1915

... Anna und Wilhelm kamen überraschend ...

 

Montag, 13. 9. 1915

Von Herrn Rievers erhielt ich eine Karte aus Libau, in der er mich als Mitbürgerin von Lötzen begrüßt. ... Frau Möllerchen schrieb mir, daß ich in den Herbstferien ihr Gast sein soll, ich fahre ...

 

Mittwoch, 15. 9. 1915

Der erste Geburtstag im eigenen Heim ...

Donnerstag, 23. 9. 1915

Frau Möller meldete ich meine Ankunft am 28. ...

 

Sonnabend, 25. 9. 1915

Das war heute ein Jubel in unserer Stadt: der Kaiser hat befohlen, daß aus Anlaß der großen Zeichnung – es sind gegen 12 Milliarden geworden – alle Schulen frei bekommen sollen. Unsere Kinder erschienen mit großem Freudengeschrei ...

 

Sonntag, 26. 9. 1915

Es war auch ein Sonntag, der 26. 9. 1886, an dem ich eingesegnet wurde. ...

 

Dienstag, 28. 9. 1915

... Dann rüstete ich zur Abfahrt. Von Willy und Lotte zur Bahn begleitet, begab ich mich auf meine erste Ferienreise ...

 

Donnerstag, 30. 9. 1915

... Ich verlebe hier (in Junkerken) schöne Ferientage

 

 

Dienstag, 5. 10.1915

Von Anna ein Brief, sie sind heute in Königsberg und kaufen das Klavier ...

 

Mittwoch, 6. 10. 1915

Heute ist ein Gedenktag, der Eltern Hochzeitstag vor 44 Jahren ...

 

Mittwoch, 13. 10 1915

Der letzte Tag im schönen Junkerken ...

 

Donnerstag, 21. 10. 1915

... Aus Anlaß der vor 500 Jahren an die Hohenzollern verliehene Mark Brandenburg wohnte ich auch der Feier im Gymnasium mit Karl bei. ...

 

Sonnabend, 30. 10. 1915

... Gegen Abend traf ich bei Homms Herrn Kemke, die arme Frau ist noch in Lipiensken.

 

Mittwoch, 3. 11. 1915

... Abends mit Frl. Rievers bei Homms.

 

Freitag, 5. 11. 1915

... Anna kam am Vormittag an und brachte viel Butter, Brot und Entenfleisch, sie bleibt bis Sonntag. ...

 

Dienstag, 9. 11. 1915

... Nach dem Kaffee ging ich zu Rievers, Frl. Tilly Lebewohl sagen, da sie schon heute Abend nach Blankenburg fährt. ...

 

Montag, 22. 11. 1915

... Vormittag ungewöhnlicher Besuch - Strengs - ich dacht ich werde blind. Sie erkundigten sich, was Mädchen und Knechte zu Weihnachten bekamen ...

 

Sonnabend, 27. 11. 1915

... Mit Karl und Else am Nachmittag zum Zahnarzt. ... Wie froh bin ich, daß endlich die Kinderzähne in Ordnung kommen!

 

Sonntag, 28. 11. 1915

Die Kinder schickte ich in die Kirche, die Kleinen zu Rievers ...

 

Sonnabend, 11. 12. 1915

... Lores Geburtstag ...

 

Sonnabend, 18. 12. 1915

Auf dem Markt kaufte ich mir den ersten Weihnachtsbaum in meinem Heim ...
Um 11 Uhr begrüßte ich Herrn Homm, der von Kowno auf Urlaub kam ...

 

Heiligabend, Freitag, 24. 12. 1915

... nach dem Kaffee wurden die Geschenke von mir aufgebaut, während die Kinder bei Bouvains blieben. Dann zündete ich mit Wilhelm das kleine Bäumchen an ... Die Kinder freuten sich über ihre Geschenke ...

 

 

Sonntag, 26. 12. 1915

... Idel (Homm) will ihren Mann gern zu den Jagden der Masurischen Woche begleiten, und ich versorge gern ihre Kinder. ...

 

Mittwoch, 29. 12. 1915

Bei Homms hatte ich mit den Kindern viel Freude ...

 

Freitag, 31. 12. 1915

... Nach dem Abendbrot wurde der Baum noch angesteckt, und wir dachten daran, was 1915 uns nahm und gab. Möchte sich nun bald mein größter Wunsch erfüllen, daß ich eine Wohnung finde ...

 

Neujahr. 1. 1. 1916

Bei Rievers schlief ich ins neue Jahr hinein ...

Abends saß ich mit Müllers bei Homms bis 12 Uhr.

 

Sonntag, 2. 1. 1916

Morgens verließ ich das gastliche Rievers-Haus und ging früh heim, wo es noch zu packen gab, da Anna und Willy mit dem 11 Uhr Zug abfuhren. ...

 

Sonntag, 9. 1. 1916

Lottes 14. Geburtstag ...

 

Sonntag, 16. 1. 1916

Vor 4 Jahren meldet Rievers: Bei Homms ist ein Stammhalter eingetroffen (Ernst *16.1.1912) ... Mit Karl und Lore ging ich gratulieren ... Abends ging ich noch zu Rievers; er ist von Königsberg noch nicht zurück. ...

 

Montag, 17. 1. 1916

Karl kam aus der Schule krank zurück und mußte gleich ins Bett ...

 

Mittwoch, 19. 1. 1916

... Heute, an ihrem Geburtstag, blieb Else mit Fieber im Bett. ...

 

Sonnabend, 22. 1. 1916

Karl ist auf, Else noch 37,7 ...

 

Dienstag, 25. 1. 1916

Heute hat es Lore ereilt, ... mit Fieber blieb sie im Bett.

 

Mittwoch, 26. 1. 1916

... Lore liegt noch, es geht ihr aber besser ...

 

Donnerstag, 27. 1. 1916

... Abends ging ich mit Lotte die Parade sehen ...

 

Sonnabend, 5. 2. 1916

... Mit den Kindern war ich auf dem Eis ... Es war viel Trubel dort. Segelschlitten und Segler auf Schlittschuhen sausten nur so über die glatte Fläche hinweg. ...

 

 

Dienstag, 8. 2. 1916

Vor fünf Jahren feierten wir in Berghof die Hommsche Hochzeit. ...
Von Frau Möllerchen liebe Zeilen, daß ich Ostern willkommen bin.

 

Dienstag, 15. 2. 1916

Annas 38. Geburtstag ...

 

Sonnabend, 19. 2. 1916

Nachmittags besah ich mir die Wohnung bei Klein, sie ist zwar klein, gefällt mir aber ...

 

Sonntag, 20. 2. 1916

... Bei Kleins war ich dann und mietete die Wohnung, zunächst bis Oktober ...

 

Montag, 28. 2. 1916

... Abends ging ich noch Kurt gratulieren. Wir dachten mit Frau Rievers an die Zeit vor 13 Jahren in Upalten ...

 

Dienstag, 29. 2. 1916

... Homms und Rievers schlachten, ich half Idel Fleisch schneiden ...

 

Mittwoch, 1. 3. 1916

... Frau Rievers half ich Rauchwurst machen und Fleisch schneiden ...

 

Donnerstag, 2. 3. 1916

... Nachmittag ging ich gleich zu Rievers, half dort die Kochwurst stopfen und begab mich dann zu Homms, die Rauchwurst bereiten helfen. ...

 

Sonntag, 5. 3. 1916

... An Tante und Onkel Schneider schrieb ich nach Angerburg. ...

 

Mittwoch, 8. 3. 1916

... Vor 4 Jahren, als ich mit Anna in Königsberg war und Wilhelm seinen Doktor machte ...

 

Donnerstag, 9. 3. 1916

... dann Zeichnung von 1000 M  4. Kriegsanleihe ...

 

Sonntag, 12. 3. 1916

... hier war Krüger, vergnügt wie immer. Der alte Junggeselle scheint von der Idee, daß ich ihn heiraten möchte, geheilt zu sein ...

 

Mittwoch, 15. 3. 1916

Heute auf dem Markt nichts, nicht einmal Eier! ...

 

Sonntag, 19. 3. 1916

... Bei Kleins hörte ich, daß die Wohnung sauber ist – am 28. ziehe ich dann. ...

 

Dienstag, 21. 3. 1916

Vor 11 Jahren schloß Ernst v. Streng seine lieben Augen für ewig ...

Bei Homms traf ich 5 Kemkes (Widminnen) sehr vergnügt zusammen ...

 

 

Mittwoch, 22. 3. 1916

... Die Fleischnot greift immer mehr um sich, bald ist nichts mehr zu haben ...

 

Dientag, 28. 3. 1916

... Nachmittag um 2 Uhr begann mein Umzug nach N. 6 mit 5 Soldaten und zwei Augusten. Um ½ 6 Uhr war alles fertig, und ich empfing bereits Frau Rievers und Frau Homm.

 

Mittwoch, 29. 3. 1916

Frau Homm war einen Moment hier, sie schlachten heute ein Schwein, in Berghof gekauft. ...

 

Sonnabend, 8. 4. 1916

... Vor 7 Jahren wirkte ich bei Kemkes (Widminnen), da wurde Ernst geboren ...

 

Montag, 10. 4. 1916

... Frau Rievers fuhr mit Kurtchen zur Blinddarmoperation nach Rastenburg ...

 

Dienstag, 12. 4. 1916

... Schulzeugnisse der Kinder Karl, Lore, Else, Lotte ...
Die Kinder fuhren mit der Bahn ab und werden zu Hause (Talken) doch manches Gewohnte aus Lötzen vermissen. ...

 

Donnerstag, 13. 4. 1916

Frau Möller hatte mir geschrieben, daß ich heute Vormittag schon fahren soll, und nur bis Neumühl. ... In Junkerken die herzlichste Begrüßung allerseits. ...

 

Dienstag, 25. 4. 1916

... Der Abschied war kurz, Frau H. brachte mich zur Bahn ... In Lötzen alle Homms an der Bahn ...

 

Mittwoch, 26. 4. 1916

... Anna und die Kinder kamen wohl und munter an ...

 

Sonnabend, 13. 5. 1916

Vor nun 23 Jahren feierten wir in Rostken ein großes Fest von 90 Personen - ...

 

Mittwoch, 17. 5. 1916

Den Wochenmarkt sah ich mir mal wieder an, er bringt nichts. Eier sind gänzlich verschwunden und Butter noch gar nicht gekommen. ... Milch haben wir reichlich.

 

Freitag, 19. 5. 1916

... überall standen Menschen vor den Läden stundenlang und warteten, bis sie an die Reihe kamen ...

 

Donnerstag, 25. 5. 1916

... von Kemkes ist die Nachricht gekommen, daß Willy Beerbohm gestern gefallen ist ...

 

Himmelfahrt, 1. 6. 1916

... am Vormittag schickte ich die Kinder in die Kirche ... Nachmittag gingen wir alle zu Rievers, wo es auf der Veranda schön zum Sitzen war. ...

 

 

Montag, 5. 6. 1916

Anna schrieb kurz, sie erwarten uns am 8. abends ...

 

Donnerstag, 8. 6. 1916

... Nachmittag zur Bahn ... die Heimfahrt war schön ...
durch Rostken ging es, die alte, liebe Heimat grüßte ich; alles was man ansah, ist einem noch so vertraut. – In Talken auch manches verändertes Bild, von den Russen aber nichts zerstört. 11 Jahre bin ich nicht hier gewesen ... Die Meinen wohnen in einem freundlichen Bauernhaus, einfach, aber zufrieden. Wir wohnen in der Oberstube des Hauses ... Wir wohnen einfach herrlich. Unsere Kuh versorgt uns mit reichlich Milch, wir haben Butter und Käse, brauchen nicht zu hungern. ...

 

Sonnabend, 10. 6. 1916

... um ½ 6 Uhr früh fuhr ich nach Widminnen zu Kemkes ...

 

Montag, 12. 6. 1916

... Die Meinen holten mich ab, und wir gingen nach Pammern, das gut zugerichtet ist, aber sehr gute Felder hat. Auch bei uns steht alles fein. – Unser altes Haus jetzt ein Trümmerhaufen ...

 

Mittwoch, 14. 6. 1916

... wir besahen uns das neue Talker Schulhaus, ein nettes Gebäude ...

 

Donnerstag, 15. 6. 1916

... Rückfahrt nach Lötzen ...

 

Sonnabend, 17. 6. 1916

... um 3 Uhr kamen Anna und Wilhelm an - die Freude bei den Kindern ist groß ...

 

Sonntag, 18. 6. 1916

... um 6 Uhr abends fuhren die Geschwister ab ...

 

Mittwoch, 28. 6. 1916

... Glücklich fuhren die 4 (Kinder) ab (von Lötzen) und dort (Talken) freuen sich die Eltern! ...

 

Sonnabend, 8. 7. 1916

Mit dem Frühzug fuhr ich nach Lyck.  Bevor ich Strehls aufsuchte, ging ich zum Markt und besah mir die ausgebrannte Kirche und die Ruinen der anderen Häuser – ein trauriges Bild! ... Herrn v. Lojewski und Amtsgerichtsrat Simon begrüßt ...

 

Dienstag, 11. 7. 1916

Früh begab ich mich auf den Weg nach Angerburg ... und fand die beiden Altchen recht frisch vor. Onkel ist 85 Jahre und Tante 76 Jahre ... Im schönen Altersheim sind sie mehr als gut aufgehoben.

 

Dienstag, 18. 7. 1916

Fahrt mit der Bahn nach Talken ...

 

Montag, 24. 7. 1916

... Nach dem Kaffee gingen wir mit den Kindern baden und dann ich mit Willy, Else und Karl durch den nahen Wald.

 

Mittwoch, 26. 7. 1916

... Fahrt nach Widminnen zu Kemkes ...

 

Donnerstag, 27. 7. 1916

... Fahrt mit Herrn Kemke nach Lipiensken, wo wir Dr. v. Lojewski trafen, der dort ein krankes Pferd behandelte. -

 

Freitag, 28. 7. 1916

Frau Heumann holte uns am Nachmittag nach Klein Gablick ab ...

 

Sonntag, 30. 7. 1916

Rückfahrt nach Talken ...

 

Dienstag, 1. 8. 1916

Rückfahrt mit den Kindern nach Lötzen.

 

Mittwoch, 16. 8. 1916

Heute ist es ein Jahr, daß ich mein eigenes Heim habe ...

 

Sonntag, 20. 8. 1916

... Ein Jahr habe ich nun die Kinder, die damals eintrafen aus Neustettin - ...

 

Montag, 11. 9. 1916

Herr Rievers  muß morgen fort, vorläufig nach Allenstein ...

 

Mittwoch, 13. 9. 1916

... Nachmittag war Nähstunde, ich plauderte wieder viel mit Frau Superintendent (Trinker) ...

Abends mit Idel und Fr. Doktor bei Rievers.

 

Freitag, 15. 9. 1916

Mein 44. Geburtstag ... Gratulanten: Frau Rievers, Homms,  ... viel Post mit Glückwünschen ...

 

Sonntag, 17. 9. 1916

... Wilhelm kam zur Jungmannenbesichtigung mit seiner Wehr. ...

 

Donnerstag, 21. 9. 1916

... In nächster Woche kommt auch hier die Milchkarte. Ich bekomme 1 ¼ l für uns fünf. ...

 

Montag, 16. 10. 1916

Schöne Tage haben wir endlich, nun wo die Ferien zu Ende sind. Die Kinder kamen ...

 

Mittwoch, 1. 11 1916

... Um 7 Uhr mußte Willy sich stellen, ist weiter G. V. geblieben und bleibt im Schuldienst ...

 

Freitag, 3. 11. 1916

... Anna schrieb, daß Vater gut heim kam ...

 

 

 

Sonnabend, 25. 11. 1916

... Abends hörte ich in einer großen Versammlung, wo Landrat, Superintendent und Dr. Franz sprachen, wie ernst die Lage wirtschaftlich sei, daß die Kartoffelnot im Westen groß wäre und wie wir sparen und uns einrichten sollen, damit wir durchhalten!

 

Montag, 4. 12. 1916

Die Glocken läuteten, die Stadt prangt im Fahnenschmuck, wir haben eine Schlacht nahe an Bukarest gewonnen. ...

Skatabend bei Müllers ...

 

Montag, 11. 12. 1916

... Abends spielte ich bei Müllers Skat ...

 

Dienstag, 12. 12. 1916

... die neueste Nachricht: der Kaiser hat den feindlichen Mächten eine Note überreichen lassen, in der er kund tut, daß er in Friedensverhandlungen mit ihnen eintreten will. ...

 

Mittwoch, 20. 12. 1916

... pünktlich fuhr der Zug ab und nach endloser Fahrt für die kurze Strecke kamen wir erfroren in Konopken an, wo ich noch nie gewesen bin. Im Schlitten fein verpackt fuhren wir heim (Talken), ...
Gestern ist Anna umgezogen ins neue Schulhaus in die zweite Lehrerwohnung, endlich menschenwürdig. Wir haben zwei freundliche Zimmer, Küche und viel Nebengelaß. Für die Kinder ist es herrlich ...

 

Heiligabend, 24. 12. 1916

... Um ½ 5 begann die Weihnachtsfeier in der Schule. Wilhelm hat eine hübsche Rede gehalten, und die Gesänge und Gedichte waren auch gelungen. ...

Um ½ 7 war alles aus, und wir steckten unser Bäumchen an

 

Mittwoch, 27. 12. 1916

Um 9 Uhr per Schlitten nach Widminnen, ich wurde bei Kemkes herzlich willkommen geheißen. Ich bleibe bis Sonnabend hier und fahre dann am 30. zu Heumanns. Mit Herrn Kemke und Herrn Jessat spielte ich einen sehr langen Skat und hatte ziemliches Glück.

 

Sonnabend, 30. 12. 1916

Vormittag wurde ich nach Kl. Gablick abgeholt, wo ich von allen herzlich empfangen wurde ...

Silvester, 31. 12. 1916

Mit lieben Menschen ging das alte Jahr zu Ende ...

 

Dienstag, 2. 1. 1917

... Vormittag mit dem Schlitten von Kl. Gablick nach Talken. ...

 

Mittwoch, 3. 1. 1917

... Um 2 Uhr mit den Kindern per Schlitten nach Widminnen, dann mit der Bahn nach Lötzen ...

 

Montag, 15. 1. 1917

... Abends bei Müllers, ich viel Glück im Skat ...

 

Sonnabend, 20. 1. 1917

... Nachmittag Lore und Lotte mit der Bahn von Lötzen nach Talken ...

 

Sonnabend, 10. 2. 1917

... Else und Karl fahren nach Hause ...

 

Dienstag, 20. 2. 1917

... Zur Feier von Herrn Rievers Geburtstag ging ich mit Frau Homm abends hin, wir fanden dort Frau Kemke und Müllers und verlebten einige gemütliche Stunden ...

 

Mittwoch, 21. 2. 1917

Der Frost hält an, und überall ist große Kohlennot. ...

 

Mittwoch, 28. 2. 1917

Vor 14 Jahren war ich bei Rievers in Upalten, der kleine Kurt erschien da, die Freude war groß. – Gern denke ich an jene Tage zurück, wo die guten Menschen meine Freunde wurden. Leider hat der Krieg alle Aufzeichnungen aus jener Zeit vernichtet, und es blieb nur die Erinnerung ...

 

Freitag, 2. 3. 1917

Tante und Onkel Schneider gratulierte ich ... Onkel wird am 6. März 86 Jahre und Tante am 3. März 73 Jahre alt. ...

 

Dienstag, 6. 3. 1917

Heute wird Onkel Fritz 86 Jahre alt! ...

 

Mittwoch, 14. 3. 1917

Heute ein guter Tag für Karl, er brachte seine Versetzung nach Sexta nach 4-stündiger Prüfung. – Für ihn ist nun die erste Stufe erreicht ...

 

Sonnabend, 17. 3. 1917

... Von Rußland kommen Hiobsbotschaften – der Zar abgedankt, überall in den großen Städten Revolution und Aufstand. ...

 

Dienstag, 20. 3. 1917

... Die Kinder haben Schulferien und fuhren mit der Bahn nach Talken ...

 

Mittwoch, 21. 3. 1917

Zeitungen berichten über den Fortgang der Revolution in Russland: der Zar ist mit Familie gefangen ... Um 3 Uhr ging ich zur Bahn, und glücklich traf ich  in Tolksdorf ein. ... Im lieben Junkerken noch alles beim Alten ...

 

Dienstag, 3. 4. 1917

... Als Herr Möller von Rössel heimkam, brachte er eine Nachricht, die mit Vorsicht aufzunehmen ist: Es verbreitet sich das Gerücht, daß 130 000 Russen zu uns übergetreten sind! ...

 

Dienstag, 10. 4. 1917

... Rückfahrt von Junkerken über Tolksdorf nach Lötzen ...

 

 

Mittwoch, 11. 4. 1917

Die Kinder kamen aus Talken gut an ...

 

Montag, 23. 4. 1917

Um 8 Uhr erschienen zwei Leute und legten die elektrischen Leitungen, der erste Schritt zu „mehr Licht“ ist getan ... Abends noch zum Skat zu Müllers ...

 

Dienstag, 24. 4. 1917

... im Westen tobt die Schlacht mit zähester Erbitterung.

 

Donnerstag, 26. 4. 1917

Wir denken heute viel an den Vater (Wilhelm), der 44 Jahre alt wird.

 

Sonnabend, 28. 4. 1917

... Willy ist an seinem Geburtstag von den Kindern besungen und bekränzt worden.

 

Sonnabend, 19. 5. 1917

... Anna schrieb, sie hat ein 8-jähriges Mädelchen aus Berlin, sehr ärmlich. ...

Die elektrische Leitung ist fertig, leuchtet aber noch nicht.

 

Mittwoch, 23. 5. 1917

... Das Milchholen ist jetzt die wahre Tortour – man wird von den Menschenleibern buchstäblich zerdrückt. Wie froh ist man, wenn man für uns 5 Personen einen Liter Magermilch erwischt. - ...

 

Donnerstag, 24. 5. 1917

... Fahrt nach Talken über Konopken ...

 

Pfingstsonntag, 27. 5. 1917

Heiß und sonnig heute, ein herrliches Pfingstwetter. Wir gingen am Nachmittag über Rostken nach Pammern und grüßten die Ruinen, die Erinnerungen an bessere Zeiten wachriefen. ...

 

Montag, 28. 5. 1917

... Rückfahrt nach Lötzen über Widminnen. ...

 

Montag, 4. 6. 1917

Mein guter Vater wäre heute 82 Jahre ...

 

Montag, 11. 6. 1917

Wilhelm brachte uns Kartoffeln, nun bin ich froh, habe genug bis zu den Ferien. Er hatte seiner Vorentschädigung wegen zu tun. ...

 

Freitag, 15. 6. 1917

... Frau Rievers erzählte, daß Herr Müller in Pillau Direktor geworden ist und daß sie im Juli fortziehen ...

 

Sonnabend, 23. 6. 1917

... wir feierten Müllerchens Abschied mit Rievers, ...

 

 

 

Donnerstag, 5. 7. 1917

... Auch Willy war da und fuhr nach Bogatzewen – Szyballen. Anna schreibt mir darüber, daß sie sich um eine dieser Stellen bewerben wollen ...

 

Dienstag, 10. 7 1917

... Traurige Nachrichten kommen aus Berlin – Ministerkrise in Sicht – vielleicht geht der Kanzler ...

 

Mittwoch, 11. 7. 1917

... Der Reichstag will in der Mehrheit die neue Anleihe nicht bewilligen, will den sofortigen Frieden ohne Annexion und Entschädigung auf beiden Seiten anbieten ...

 

Montag, 16. 7. 1917

... Bethmann ging, sein Nachfolger Michaelis soll nun die Karre aus dem Dreck ziehen ...

 

Freitag, 20. 7. 1917

Beginn der Sommerferien, Fahrt mit den vier Kindern nach Talken über Widminnen

 

Sonntag, 22. 7. 1917

Am Nachmittag gingen wir nach Pammern, unser Feld an der Schule bot ein trauriges Bild – das ganze Getreide von den Hühnern vernichtet. Wenn ich ... dagegen war, daß die Geschwister fort wollten, nun sage ich: so schnell wie möglich. ...

 

Freitag, 3. 8. 1917

Im Westen und Osten tobt der Kampf fort. Die Todesanzeigen füllen die Spalten der Zeitungen, es ist gar zu schrecklich. Und das Traurigste dabei, daß in diesem aufgeklärten Jahrhundert die Menschen, hochbegabt, niedergeschossen werden wie die Hasen. Dagegen empört sich jedes menschliche Gefühl ...

 

Sonnabend, 4. 8. 1917

... die erschreckende Nachricht, daß Herr Kemke (Widminnen) am Herzschlag gestorben ist.

 

Dienstag, 7. 8. 1917

... Beisetzung von Herrn Kemke in Widminnen ...

 

Montag, 13. 8. 1917

Anna ist in Allenstein beim Rat gewesen, Bogatzewen ist besetzt, leider ...

 

Dienstag, 14. 8. 1917

Willy und Anna waren in Mrossen, Kreis Lyck. Die Stelle scheint annehmbar, an Wald und See gelegen, ob sie sie aber bekommen? ...

Fahrt von Talken nach Lötzen über Widminnen ...

 

Donnerstag, 16. 8. 1917

Fahrt von Lötzen nach Königsberg, Besuch bei Borkos, Herrn Prange u. a.

 

Sonnabend, 18. 8. 1917

... zurück in Talken ...

 

Mittwoch, 22. 8. 1917

Fahrt von Talken nach Lötzen über Widminnen ...

 

Donnerstag, 23. 8. 1917

Heute vor 3 Jahren flohen wir nach Sachsen ...

Die Kinder kamen aus Talken an ...

 

Sonnabend, 25. 8. 1917

Wieder ein Jahr älter, 45! ... Viele Geburtstagsgäste ...

 

Montag, 27. 8. 1917

... Nachmittag war ich Frau Rievers helfen, ich kochte Marmelade. Herrn Rievers geht es kaum besser, er sieht sehr elend aus.

 

Dienstag, 4. 9. 1917

Heute Vormittag eine unverhoffte Freude. Atemlos kam Else aus der Schule: Riga ist gefallen, wir haben frei! ...

 

Mittwoch, 5. 9. 1917

... Die Herbstferien fallen aus. ... Dafür soll es dann 4 Wochen Weihnachtsferien geben. Abends mit Frau Homm bei Rievers, er noch sehr matt und schwach.

 

 

Ende des 1. Bandes (1913 – 1917)